Täuschung in Perfektion

Wie Insekten und Spinnen ihre gefährlichen Doppelgänger nutzen

Mimikry beschreibt im Tierreich die Kunst der Nachahmung. Dabei imitieren in der Regel harmlose Tierarten mit auffälligen Farben und Mustern das Aussehen oder Verhalten anderer Arten, um sich zu schützen oder ihre Beute zu täuschen. Astrid Kinateder ist Stadtnatur-Rangerin in Charlottenburg-Wilmersdorf und weiß: Besonders Spinnen und Insekten sind wahre Meister der Täuschung. Hier stellt sie ein paar Beispiele vor, die ihr bei ihrer Arbeit begegnet sind.

Hornissenschwebfliege

Wie viele andere Schwebfliegenarten gaukelt die Hornissenschwebfliege ihre Wehrhaftigkeit nur vor. Sie ist die größte und schnellste Schwebfliege Mitteleuropas und sieht aus wie eine gefährliche Hornisse - ist aber völlig harmlos und hat keinen Stachel. Mit ihrer gelb-schwarzen-roten Optik und dem bedrohlichen Summen trickst sie Räuber aus, die lieber das Weite suchen, anstatt es mit einer "Hornisse" aufzunehmen. Auch Konkurrenten beim Blütenbesuch werden so von der Schwebfliege verscheucht, die sich übrigens von Nektar ernährt. Ihre Larven leben in den Nestern von Wespen, Hornissen und Hummeln. Durch ihre Mimikry gelingt es den Tieren auch leichter, sich zur Eiablage diesen Nestern zu nähern.

Hornissen-Glasflügler

Auch der Hornissen-Glasflügler „verkleidet“ sich als Hornisse. Es handelt sich hier um einen tagaktiven Nachtfalter, der ziemlich flugträge ist und bevorzugt in feuchtem Gelände mit Pappelbeständen zu finden ist. Der Schmetterling mit seinen durchsichtigen Flügeln und der typischen gelb-schwarzen Färbung ahmt die Hornisse nicht nur in ihrem Aussehen nach. Bei Bedrohung durch Fressfeinde, krümmt er seinen Hinterleib, als würde er stechen wollen – dabei besitzt er nicht mal einen Stachel. Auch sein Brummen beim Fliegen erinnert an eine Hornisse.

Wespenspinne

Ein weiterer Doppelgänger der Fraktion schwarz-gelb ist die Wespenspinne. Die „falsche Wespe“ ist an sich nicht wehrlos, besitzt sie doch ein Gift, mit dem sie ihre Beute betäubt – für den Menschen ist sie allerdings nicht gefährlich. Die größten Feinde der Wespenspinnen-Männchen sind übrigens die Wespenspinnen-Weibchen: Meistens fressen sie sie nach der Paarung.

Tagpfauenauge

Das Mimikry der etwas anderen Art nutzt das Tagpfauenauge. Was auf den ersten Blick für uns wunderschön erscheint, nutzt der harmlose Schmetterling zur Abschreckung von Fressfeinden: Das Muster seiner Flügel sieht aus wie ein paar große Augen, das Vögel abschreckt. Zusammengeklappt ähnelt die Unterseite dieser Tagfalter dagegen Baumrinde – eine perfekte Tarnung.

Astrid Kinateder ist Stadtnatur-Rangerin im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Hier führt sie regelmäßig Begehungen in Einsatzgebieten wie dem Grunewald oder dem Volkspark Jungfernheide durch. Zudem realisiert sie Pflegeeinsätze, macht floristische Kartierungen, erhebt Daten zu Bibern und Amphibien und beschäftigt sich mit Vogelanprall an Glasfassaden.