Derk Ehlert, sag doch mal!

Warum sind die Maikäfer so früh dran?

Ja, ich gebe es zu: Ich habe mich in den letzten Tagen selbst gewundert, wie viele Maikäfer plötzlich durch die Berliner Luft schwirren. Groß, brummend, mit ihrem typischen Panzer – für viele ein Insekt aus Kindheitstagen. Jetzt sind sie wieder da. Und zwar deutlich früher als gewohnt.

Woran liegt’s? Nun, das lässt sich gut erklären. Die Jahre 2024 und 2025 waren insgesamt sehr feucht – und das hat den Engerlingen, also den Larven der Maikäfer, ausgezeichnet gefallen. Die verbringen ja rund 4 Jahre im Boden und profitieren von solchen Bedingungen enorm. Jetzt, im Frühjahr 2025, hatten wir drei ausgesprochen trockene Monate. Und das war offenbar das Startsignal: Raus aus dem Boden, rein ins Käferleben! Ergebnis: Die Maikäfer sind rund zwei bis drei Wochen früher unterwegs als beim letzten größeren Auftreten 2021.

Maikäfer leben im erwachsenen Käferstadium nur etwa sechs Wochen. Nachdem sie jahrelang als Larve im Boden gewartet haben, kommen sie praktisch als Senioren heraus – und haben nur noch eines im Sinn: sich zu paaren. Spannend finde ich dabei: Die Weibchen produzieren einen Duftstoff aus Blattsäften, der für uns Menschen wie Alkohol riecht. Nach der Eiablage – bei den Weibchen – oder der Paarung – bei den Männchen – ist dann auch bald Schluss: Beide Geschlechter sterben kurz danach. Das klingt traurig, ist aber ganz normal im Lebenszyklus dieses Insekts.

Und richten sie Schaden an? Nein, zumindest nicht bei uns in Berlin. Natürlich fressen sie Blätter, gerne von Laubbäumen. Aber gesunde Pflanzen stecken das locker weg. Durch den sogenannten Johannistrieb – das ist ein zweiter Austrieb nach der Hauptvegetationsphase – holen die sich alles zurück, was sie vorher eingebüßt haben.

Was mich persönlich besonders interessiert hat: Im letzten Herbst gab es einige Beschwerden über aufgewühlte Gärten und Rasenflächen. Jetzt ist klar: Füchse, Marder, Waschbären, Igel – sie alle waren auf der Suche nach Engerlingen. Ich selbst habe welche gefunden und sofort gedacht: Mensch, das sind doch Maikäferlarven! Die haben sich im letzten Herbst anscheinend schon verpuppt und sind dann in den tieferen Bodenschichten geblieben und haben dort auf günstige Wetterbedingungen gewartet. Die haben sie jetzt und fliegen los.

Und wann sind die Käfer eigentlich unterwegs? Ganz klar in den Abend- und Nachtstunden. Ab etwa 21 Uhr beginnt die Aktivität, gegen halb sechs morgens endet sie meist wieder. Wer sie also beobachten möchte, sollte zur Dämmerung oder bei einem nächtlichen Spaziergang die Augen (und Ohren!) offenhalten.

In diesem Sinne: Genießen Sie die Begegnung mit diesen faszinierenden Brummern – und wundern Sie sich nicht, wenn die Berliner Luft plötzlich nach Frühling... und einem Hauch Alkohol riecht.

Derk Ehlert ist Berlins Wildtierexperte und kümmert sich bei der Senatsumweltverwaltung um alles, was kreucht und fleucht. Ob Füchse am Kanzleramt oder Waschbären in der Mülltonne – er kennt die wilden Bewohner der Stadt wie kein Zweiter und bringt Licht ins Dickicht der Stadtnatur.