Derk Ehlert, sag doch mal!

Was machen Enten, wenn der See zufriert?

Na, das ist doch klar: Schlittschuh laufen und heißen Kakao trinken! Nein, Spaß beiseite. Stockenten, die wir sonst so selbstverständlich auf den Gewässern der Stadt schwimmen sehen, werden zu echten Überlebenskünstlern, wenn es draußen frostig wird. Dabei haben sie ein paar schlaue Strategien auf Lager. Solange es irgendwo noch offenes Wasser gibt – sei es in der Spree, an einer eisfreien Stelle im Park oder in einem langsam fließenden Graben – bleiben sie einfach dort. Enten brauchen Wasser nicht nur zum Plantschen, sondern auch, um an ihr Futter zu kommen. Sie tauchen nach kleinen Wasserpflanzen oder schnappen nach Insekten und Schnecken. Ist der Lieblingssee also plötzlich zugefroren, werden einfach die benachbarten Gewässer überflogen und nach geeigneten offenen Wasserflächen gesucht.

Aber was, wenn alles zufriert? Dann kann es passieren, dass die Landenten mal zu Stadtenten werden. In der Stadt frieren viele Gewässer nicht zu, sie bieten den Wasservögeln dann letzte Überlebensmöglichkeiten.

Andere Enten hingegen begeben sich auf Wanderschaft und fliegen große Strecken, um eisfreie Gewässer zu finden – das kann schon mal mehrere hundert Kilometer von ihrem angestammten Revier entfernt sein.

Viele Enten aus kälteren Regionen Europas, etwa aus Skandinavien oder Russland, nutzen Berlin und viele andere Gebiete in der Region als Winterquartier. Für sie ist das Klima hier vergleichsweise mild und bietet noch genügend Nahrung und eisfreie Gewässer. Ein echter Trick der Enten im Winter ist aber ihr eingebauter Kälteschutz: Ihre Füße sind echte „Kühlsysteme“. Durch ein geniales Wärmetauschsystem bleibt ihr Körper warm, während die Füße auf Eistemperatur runtergekühlt werden. So vermeiden sie es, zu viel Wärme zu verlieren - eine Technik, die uns Menschen mit frostigen Zehen im Winterstiefel durchaus neidisch machen könnte.

Ein weiteres spannendes Verhalten ist ihr Schlafverhalten. In eisigen Nächten rücken sie eng zusammen, um sich gegenseitig zu schützen und ggf. auch zu wärmen. Sie stecken ihre Schnäbel in ihr Rückengefieder, um möglichst wenig Wärme zu verlieren. Manchmal kann man beobachten, wie sie mit einem Bein auf dem Eis stehen, während das andere in ihrem Bauchgefieder verschwindet – ein cleverer Trick, um Energie zu sparen!

Übrigens: Füttern ist gut gemeint, aber nicht nötig! Enten finden auch im Winter genug Nahrung, und Brot ist für sie eher Fast Food als gesunde Kost und schadet ihnen mehr, als es nützt. Wer also helfen möchte, sollte die Vögel besser nicht füttern oder sich mit dafür einsetzen, dass ausreichend natürliche Nahrung an und im Gewässer vorhanden ist.

Enten kommen in der Regel gut durch den Winter. Schließlich haben sie auch Flügel, die sie ggf. zu anderen Gebieten tragen.

Und wenn wir mal wieder auf dem Eis ins Schlittern geraten, können wir uns ja ein Beispiel an ihnen nehmen: ruhig bleiben, vorsichtig laufen und notfalls die Hände (Handflügel) zum Abstützen nutzen. Klappt (meistens)!

Derk Ehlert ist Berlins Wildtierexperte und kümmert sich bei der Senatsumweltverwaltung um alles, was kreucht und fleucht. Ob Füchse am Kanzleramt oder Waschbären in der Mülltonne – er kennt die wilden Bewohner der Stadt wie kein Zweiter und bringt Licht ins Dickicht der Stadtnatur.