Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats Mai 2017

Violette Schwarzwurzel Scorzonera purpurea L.

Jedes Jahr im Mai zaubern die wärmenden Sonnenstrahlen auf einer nacheiszeitlichen Düne im Forst Rahnsdorf eine echte Rarität hervor: die zarten, hellvioletten Blütensterne der Violetten Schwarzwurzel. Die Art ist in Berlin nur noch an dieser Stelle zu finden und gilt zudem deutschlandweit als stark gefährdet. Ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt in den Steppengebieten Osteuropas und Westsibiriens, weit zerstreute Vorposten existieren zudem in Südosteuropa, Mitteleuropa und Südfrankreich. In Deutschland erreicht die Art ihren nordwestlichen Arealrand. Die meiste Zeit des Jahres lebt die Violette Schwarzwurzel versteckt in kontinentalen Trocken- und Halbtrockenrasen und lichten Kiefernwäldern auf basenreichen Dünenstandorten – gut getarnt durch ihre grasähnlichen Laubblätter. Nur wenn ihre Blüten erstrahlen, ist sie leicht zu finden. Aber um diese zu sehen, muss man schon früh aus dem Bett, denn mittags schließen sie sich wieder. Der größte Teil der Pflanze lebt unterirdisch: eine lange, kräftige Pfahlwurzel holt Wasser aus über einem Meter Tiefe und speichert es für schlechte Zeiten. Mit dieser Anpassung an trockenes, kontinentales Steppenklima übersteht die Pflanze auch mehrere Wochen Dürre oder Frost problemlos.

Ist der Standort offen und sonnig, bildet die Violette Schwarzwurzel an 25 bis 50 cm langen Stängeln 1-5 Blüten aus. Diese locken über zwei Wochen bis in den Juni hinein mit Schokoladenduft Insekten an, die die Bestäubung übernehmen. Je Blüte werden danach bis zu 25 flugfähige, aber relativ schwere Samen gebildet, die im Umkreis von etwa 100 m um die Mutterpflanze niedergehen. Sind hier lockere Sandflächen vorhanden, können die etwa ein Jahr lebensfähigen Samen bei Regen sofort keimen und Jungpflanzen ausbilden. Die Violette Schwarzwurzel kann sehr alt werden und so auch viele Jahre ungünstiger Umweltbedingungen, wie z. B. Beschattung, Nährstoffeintrag und eine dichte Streuschicht, überdauern. Kritisch wird es jedoch, wenn die Wuchsorte dauerhaft zuwachsen und nicht von Zeit zu Zeit aufgelichtet werden. Bei starker Beschattung bildet die Art nämlich keine Blüten aus, wodurch eine Samenbildung nicht mehr möglich ist. Zugleich sind gelegentliche offene Sandstellen in der Umgebung der Pflanze wichtig, damit die Samen ein geeignetes Keimbett finden.

Noch im 20. Jahrhundert kam die Violette Schwarzwurzel auf mehreren Berliner Dünen vor, z. B. auf den Baumbergen und auf einem „Sandberg“ am Tegeler See. Das kleine Vorkommen im Forst Rahnsdorf ist sehr wahrscheinlich ein Relikt eines ehemals viel größeren Bestandes im Bereich des Wilhelmshagen-Woltersdorfer Dünenzuges. Seine Erhaltung gestaltet sich schwierig, da es nicht im Naturschutzgebiet liegt. Die Eutrophierung durch Stickstoffimmissionen, die starke Ausbreitung der neophytischen Späten Traubenkirsche und die vermehrte Förderung und Anpflanzung von stark beschattenden Laubbäumen in den Forsten haben den Standort und seine Umgebung für die lichtliebende Art sehr nachteilig verändert.

Zum Schutz des letzten Berliner Vorkommens der Violetten Schwarzwurzel soll der Standort licht gehalten werden. Es ist außerdem geplant, von den Pflanzen Samen zu gewinnen und mit diesen im Botanischen Garten Potsdam im Rahmen des Projektes „Urbanität und Vielfalt“ eine Vermehrungskultur aufzubauen. Später können die herangezogenen Jungpflanzen an früheren Fundorten oder auch an anderen gesicherten, offen gehaltenen Berliner Dünenstandorten ausgebracht werden. 

Helfen Sie uns beim Schutz der Violetten Schwarzwurzel und weiterer Zielarten des Florenschutzes! Über Fundmeldungen von Zielarten per E-Mail – am besten mit Fotobeleg – würden wir uns sehr freuen. Vielen Dank!

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