Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats Februar 2023

Stumpfblütige Binse Juncus subnodulosus SCHRANK.

Ihr glatter und gerader Wuchs macht die Binse zu einer passenden Vorlage für einige Redewendungen. Die „Binsenweisheit“ ist eine Wahrheit, die allen längst bekannt ist. Und mit der Redewendung „nodum in scirpo quaerere“, „den Knoten an der Binse suchen“, wurden Bedenkenträger beruhigt, die Probleme sehen, wo es keine Probleme gibt. Auch bei der Stumpfblütigen Binse (Juncus subnodulosus) kann man vergeblich suchen. Denn Binsen gehören zwar zu der Pflanzengruppe der Süßgrasartigen und ähneln anderen Gräsern auf den ersten Blick – aber sie besitzen eben keine Knoten an den Halmen.

Winter ist Ruhepause

Selbst in der kalten Jahreszeit sind die immergrünen röhrigen Halme der Stumpfblütigen Binse zu finden. Unterirdisch speichern Rhizome die nötige Energie und warten auf das nächste Frühjahr. Sobald die Tage wieder länger und wärmer werden, bilden sich neue Halmtriebe und allmählich auch ihre Blütenstände aus. Die Stumpfblütige Binse kann dann Wuchshöhen bis zu 1,20 Meter erreichen und bildet durch lange Ausläufer lockere Bestände.

Zur endgültigen Blüte kommt es erst zwischen Juli und August. Spätestens zu diesem Zeitpunkt lässt sich die Pflanze gut von anderen Vertretern der Gattung unterscheiden. Der Blütenstand bildet dann eine stark verzweigte Spirre mit über 50 locker stehenden Teilblütenständen und verleiht ihr damit ein regelrecht wolkiges Aussehen. Stumpfblütig wird die Binsenart genannt, da die kleinen Blütenblätter (Perigonblätter) an der Spitze abgerundet sind.

Pollen in den Wind setzen

Binsen gehören zu den Windblütlern und besitzen daher keine bunt leuchtenden Blüten oder ausgeklügelte Techniken, um Bestäuber anzulocken. Wenn sich die Blütenblätter allmählich von bleich-grün zu rötlichbraun färben, übernimmt der Wind die Verbreitung der winzigen Pollenkörner von ganz allein.

Auch wenn bestäubende Insekten die Binse nicht besuchen, haben sich einige Schmetterlinge die Blatteigenschaften der Binsen zu Nutze gemacht. Die in Berlin vom Aussterben bedrohte und in Brandenburg stark gefährdete Rötliche Binseneule (Coenobia rufa) legt ihre Eier in die markhaltigen, gekammerten Stängel ab, in denen der Nachwuchs bis zum nächsten Frühjahr überdauert. Die Raupen ernähren sich dann von den Halmen.

Eine Europäerin

Die Stumpfblütige Binse kommt vor allem in nährstoffarmen Feuchtwiesen, Großseggenrieden und Niedermooren Europas vor. Dabei ist sie von den Britischen Inseln über Frankreich bis in die Pyrenäen, weiter über Italien bis an den Nordrand des Balkans zu finden. Punktuell hat die Stumpfblütige Binse weitere Vorkommen in Portugal, Nordafrika und Südskandinavien. Als Neophyt ist die Art vereinzelt im Osten Nordamerikas, in Neuseeland und in Australien vertreten.

In Deutschland erreicht die Binse ihre nordöstliche Verbreitungsgrenze und gilt bundesweit als gefährdet. Ihre Vorkommen liegen vor allem in Nordostdeutschland, in Mitteldeutschland nördlich vom Harz und im Thüringer Becken, im Oberrheingebiet sowie von der Donau und bis ins Alpenvorland. Mit etwas Glück kann man die Stumpfblütige Binse auch in Berliner Feuchtgebieten und Mooren antreffen. Bei uns ist die Art allerdings stark gefährdet und äußerst selten.

Sie braucht Wasser

Da die Art in Berlin an sehr nasse, meist quellige Standorte gebunden ist, besteht eine starke Gefährdung ihrer Bestände durch sinkende Wasserstände. Aber auch das Brachfallen von Feuchtwiesen stellt eine sehr starke Gefährdung dar.

Dabei hat die Art eigentlich gute Überlebenschancen. Am wichtigsten ist die Erhaltung ihres nassen Lebensraumes, also ein intakter Wasserhaushalt. Außerdem ist eine extensive Nutzung oder Pflege der Feuchtwiesen wesentlich. Mit einer extensiven Beweidung oder einer regelmäßigen einschürigen Mahd können dominante Pflanzenarten, wie z.B. Schilf, in Schach gehalten werden und somit für die Stumpfblütige Binse und andere lichtbedürftige Arten günstige Lebensbedingungen erhalten werden. Bei starker Schilf- oder Seggen-Dominanz kann gezielte, mehrschürige Verdrängungsmahd erforderlich sein, um die Lebensbedingungen wieder zu verbessern.

Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen entlang Berliner Feuchtgebiete einen Bestand der Stumpfblütigen Binse erspähen, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!

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