Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats September 2025

Strand-Ehrenpreis Veronica maritima L.

Wer den Namen „Strand-Ehrenpreis“ hört, denkt an Meeresküsten und salzige Brisen. Doch das ist nicht ganz richtig, denn diese auffällige Pflanze mit ihren langen, blauvioletten Blütenkerzen liebt die „Strände“ großer Flüsse. Entlang von Oder, Havel oder Elbe zeigt sie im Sommer ihre Blütenpracht in Uferstaudenfluren – Lebensräume, die heute seltener sind als viele glauben.

Blaue Kerzen zwischen Mädesüß und Rohrkolben

Der Strand-Ehrenpreis, botanisch Veronica maritima, ist eine der stattlichsten Ehrenpreis-Arten Europas. Mit Wuchshöhen von 50 cm bis über einen Meter kann er sich gegenüber den meisten seiner Nachbarn in den feuchten Hochstaudenfluren behaupten. Charakteristisch sind die langen, dichten Blütenähren, die oft endständig und zusätzlich in den oberen Blattachseln erscheinen. Die Einzelblüten leuchten in Blauviolett, wobei ihre Staubblätter über die Blütenkrone hinausragen. Die Stängel sind im oberen Bereich abwärtsgerichtet fein behaart, im unteren Teil hingegen glatt. Die Blätter vom Strand-Ehrenpreis sind scharf gesägt und lang zugespitzt.

Blütezeit ist von Juni bis August – in kühleren Regionen oder feuchten Sommern hält die Blüte bis in den September hinein an. Bestäubt wird die Pflanze von zahlreichen Insekten, besonders von Wildbienen und Schwebfliegen, die sich am reichlichen Nektar bedienen.

Großes Areal, regionale Seltenheit

Der Strand-Ehrenpreis ist eine kontinentale Art mit einem ausgedehnten europäisch-asiatischen Verbreitungsgebiet. Dieses reicht von Nordostfrankreich über Mitteleuropa und Ostskandinavien bis nach Ostsibirien, mit Vorposten in China, Kirgisien, der Kaukasusregion, dem Nordosten der Türkei sowie der Balkanhalbinsel und Griechenland.

In Deutschlandfolgt die Art vor allem den großen Flusssystemen. Im norddeutschen Tiefland ist sie entlang der Ems, Weser, Elbe, Oder, Havel und Spree vergleichsweise häufig, während sie in Mittel- und Süddeutschland deutlich seltener wird und vielerorts ganz fehlt. In Brandenburg gilt der Strand-Ehrenpreis heute als gefährdet und ist in Berlin sogar vom Aussterben bedroht.

Verwilderungen außerhalb des natürlichen Areals

Abseits ihres natürlichen Verbreitungsgebietes kommt die Art auch als Gartenflüchtling vor. In Westskandinavien, den Benelux-Staaten und Frankreich gibt es vereinzelte Vorkommen, die entweder aus der Kultur verwildert oder bewusst angesiedelt wurden. Gleiches gilt für verstreute Nachweise in den USA, Kanada und in Argentinien. Auch in Deutschland treten außerhalb der Flussauen verwilderte Bestände auf. Diese Populationen tragen jedoch nicht zum Erhalt der natürlichen Vorkommen bei und können im ungünstigen Fall sogar die genetische Vielfalt der Wildvorkommen beeinträchtigen.

Der Name täuscht – eine Pflanze der Flussauen

Der Strand-Ehrenpreis ist eine ausdauernde Art, überdauert den Winter mit einem kräftigen Wurzelstock im Boden und treibt daraus jedes Jahr neu aus. Sein Lebensraum sind feuchte bis nasse, nährstoffreiche Uferbereiche – Staudenfluren an Flüssen, Gräben und Bächen, lichte Röhrichtsäume oder die Ränder von Auwäldern und Feuchtwiesen.

Sein botanischer Beiname maritima („am Meer gelegen“) ist irreführend, beschreibt aber indirekt seine Ausbreitungsweise: über das Wasser. Samen und Pflanzenteile können sich mit der Strömung weit flussabwärts verbreiten. Typisch für eine Stromtalpflanze ist seine Anpassung an wechselnde Wasserstände: zeitweilige Überflutungen übersteht der Strand-Ehrenpreis ebenso wie sommerliche Trockenphasen. Allerdings ist er empfindlich gegenüber Tritt und intensiver Beweidung – dort, wo Uferränder stark betreten werden, verschwindet er rasch.

Gefährdung und Schutzmaßnahmen

Die Art ist gesetzlich geschützt, deutschlandweit steht sie auf der Vorwarnliste. Die Gefährdung des Strand-Ehrenpreises hängt dabei eng mit dem Verlust seines Lebensraumes zusammen: feuchte Hochstaudenfluren gehören zu den stark bedrohten Biotopen Mitteleuropas.

Besonders problematisch sind der Ausbau und die Begradigung von Flüssen, durch die Uferbereiche austrocknen, sowie die Belastung der Gewässer mit Nährstoffen aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie. Diese Veränderungen begünstigen konkurrenzstarke und invasive Arten, die den Strand-Ehrenpreis und weitere heimische Arten aus ihrem typischen Lebensraum verdrängen.

Schutz ist dort möglich, wo die Wasserstände in Uferzonen natürlichen Schwankungen unterliegen, eine schonende Nutzung sowie extensive Pflege erfolgt und die Belastung der Gewässer mit Nährstoffen verringert wird. Renaturierungen, bei denen Flüsse wieder mehr Raum und natürliche Überflutungsflächen erhalten, bieten der Art besonders gute Chancen, verlorene Standorte zurückzuerobern.

Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen entlang naturnaher Gräben und Bachläufen in Berlin eine solche Pflanze entdecken, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung über das Artenfinderportal mit Fotobeleg. Vielen Dank!

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