Pflanze des Monats Januar 2019
Schwarz-Pappel Populus nigra
Die Suche nach echten Schwarz-Pappeln gleicht einem Krimi. Häufen sich die kritischen Verdachtsmomente, entsteht zunächst ein Kreis der Verdächtigen. Schlussendliche Gewissheit kann aber nur die genetische Laboruntersuchung bringen. Grund für diesen hohen Bestimmungsaufwand ist die bemerkenswerte Fähigkeit der Pappel zur Hybridbildung. Unterschiedliche Pappelarten können sich miteinander kreuzen und Hybride ausbilden, welche sich wiederum mit den Elternarten, Hybriden oder Züchtungen kreuzen können. Rein äußerlich ist die echte Schwarz-Pappel von den unzähligen Hybridformen, die sich aus einheimischen sowie eingebrachten Pappelarten und diversen Züchtungen entwickelt haben, nur von Expert*innen mit relativ hoher Sicherheit zu unterscheiden. Die Art kommt in Regionen mit gemäßigtem Klima in Europa, Nordafrika, West- und Zentralasien vor. Die Nordgrenze ihrer Verbreitung verläuft durch Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Als eine typische Baumart der Auengebiete war sie früher in ihrem ursprünglichen Lebensraum häufig vertreten. Sie bevorzugt feuchte, zeitweilig überflutete, naturnahe Flussufer mit einer guten Nährstoffversorgung und kann bis zu 90 Tage Überschwemmung tolerieren.
Zur Verjüngung ist die Schwarz-Pappel auf die Auendynamik mit neu entstehenden Rohböden, z. B. an Uferabbrüchen, angewiesen. Die großflächige Beseitigung vieler Auen führte in der Vergangenheit zu massiven Lebensraumverlusten, so dass die Schwarz-Pappel in Deutschland mittlerweile selten geworden ist und bundesweit als gefährdet gilt. Bis heute liegen ihre Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland immer noch entlang großer Flussläufe wie z. B. der Elbe. In Berlin sind die genetisch bestätigten Schwarz-Pappeln ebenfalls entlang der Flussufer, aber auch auf ruderalen Standorten, die zeitweise feuchte Rohböden als Keimbett aufwiesen, zu finden.
Die verbleibenden autochthonen Schwarz-Pappelbestände sind neben dem fortschreitenden Verlust von Feuchtgebieten vor allem durch die Einkreuzung benachbarter Hybridpappeln gefährdet. Außerdem werden sie oft nicht erkannt und ihr Habitus als krankhafter oder unästhetischer Fehlwuchs missinterpretiert. Derart missverstanden werden die betreffenden Gehölze dann im Rahmen der Park- und Grünflächenpflege entfernt. Dabei sind ein krummer Wuchs, eine unregelmäßige Krone, Maserknollen und Wasserreiser ganz normale, arttypische Merkmale der Schwarz-Pappel. Auch Mehrstämmigkeit und eine im Alter sehr eindrucksvolle, tief netzförmig gefurchte Rinde zählen dazu. Pappelhybriden hingegen weisen in der Regel einen gleichmäßigeren und aufrechten Wuchs auf.
In urbanen Gebieten wie Berlin steht die Aufklärung über die charakteristische Erscheinung der Schwarz-Pappel und die Möglichkeiten der Anpflanzung autochthoner Exemplare an erster Stelle der Erhaltungsmaßnahmen. Sowohl die ausführenden Pflegefirmen als auch die Verantwortlichen in Planung und Verwaltung müssen ausreichend informiert sein, um das Überleben der Art zu unterstützen. Bei genetisch bestätigten Schwarz-Pappelvorkommen kann eine Verjüngung durch die Schaffung offener Bodenstellen im Umkreis der weiblichen Altbäume gefördert werden. Ebenfalls sinnvoll sind Pufferzonen rund um autochthone Bestände, um Hybridisierungen zu vermeiden.
Ist Ihnen beim Spaziergang eine bemerkenswert bizarr gewachsene Pappel aufgefallen und Sie möchten unseren Kreis der Verdächtigen erweitern? Dann freuen wir uns über Ihre Hinweise oder Fotos per E-Mail.
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