Pflanze des Monats März 2021
Schlangen-Wiesenknöterich Bistorta officinalis
Die einen verschmähen ihn, bei anderen aber ist er überaus geschätzt. Denn der Schlangen-Wiesenknöterich ist Raupenfutterpflanze für mindestens fünf in Brandenburg nachgewiesene Schmetterlingsarten und steht auch bei zahlreichen Bestäubern hoch im Kurs. Unter Weidetieren hingegen ist er als Futterpflanze nur mäßig beliebt und bei uns Menschen beschränkt sich die kulinarische Verwendung sogar meist auf Hungerzeiten. Ein Schmankerl findet sich allerdings unter der Vielzahl seiner volksmundlichen Namen, in der Bezeichnung als Otterzunge. Wer jetzt an das Tier des Jahres 2021, den Fischotter, denkt, liegt allerdings falsch. Anlass für den Namen gaben nämlich die schlangenartig gebogenen Rhizome des Schlangen-Wiesenknöterichs. Sie wurden früher im Rahmen der Signaturenlehre gegen Schlangenbisse eingesetzt.
Heute ist die 0,30 bis 1 Meter hohe, mehrjährige Pflanze vor allem als hübsche, wuchsfreudige Pollen- und Nektarquelle bekannt. Ihre rosa Blüten stehen in dichten Scheinähren und blühen zwischen Mai und Juli. Sie besitzt eine Vielzahl großer, länglich-eiförmiger Blätter sowie die Fähigkeit sich mittels Ausläufern und kräftigen Rhizomen zu vermehren. Mit diesen Eigenschaften kann sich die ausbreitungsfreudige Pflanze gut gegen andere Wiesenpflanzen durchsetzen und ausgedehnte, dichte Herden bilden. Die Halblichtpflanze gilt als Feuchtezeiger. Wo wir sie vorfinden, sind besonders feuchte Standorte zu erwarten. So besiedelt der Schlangen-Wiesenknöterich vor allem frische bis nasse, mäßig nährstoffreiche Wiesen und Hochstaudenfluren sowie lichte Auenwälder, Bach- und Grabenränder. Da sie lokalklimatisch kühler sind, werden Lagen in Senken und Fließtälern bevorzugt, Städte, trockene und warme Gebiete sowie kalkhaltige Böden hingegen eher gemieden.
In diesen Vorlieben gründen sich die Gefährdung und der Rückgang des Schlangen-Wiesenknöterichs, denn die Zahl der Feuchtgebiete schrumpft zunehmend. Um die Flächen für Bebauung oder moderne Landwirtschaft nutzbar zu machen, werden viele von ihnen entwässert. Die vorherige, extensive Nutzung der feuchtnassen Wiesenstandorte gilt heute nämlich nicht mehr als rentabel. Auf ein Mindestmaß an Mahd oder Beweidung ist der Schlangen-Wiesenknöterich jedoch angewiesen. Werden sie eingestellt, nimmt die Sukzession ihren Lauf. Dann siedeln sich zunehmend konkurrenzstärkere Pflanzen wie Hochstauden, Sträucher und Bäume an und es bilden sich dichte Gehölzbestände, in denen Wiesenpflanzen wie der Schlangen-Wiesenknöterich nicht mehr Fuß fassen können.
Diese Entwicklungen führen zu einem zahlenmäßigen Rückgang des Schlangen-Wiesenknöterichs, der bislang noch in allen Teilen Deutschlands vertreten ist. Während er vor 1950 vor allem im Norddeutschen Tiefland an Vorkommen einbüßen musste, setzt sich der Negativtrend seit den 1950er Jahren auch in den Gebirgs- und Mittelgebirgslagen fort, wo er vormals flächendeckend häufig war. Hier entstehen zunehmend Verbreitungslücken. In Mittelbrandenburg und im urbanen Berlin ist der Schlangen-Wiesenknöterich besonders stark gefährdet, da er hier vorwiegend in Fließtälern und anderen kühlen Feuchtgebieten vorkommt und seine Bestände dort wegen der Nutzungsänderungen langfristig stark rückläufig sind.
Die Art besitzt ein relativ großes ursprüngliches Verbreitungsgebiet auf der Nordhalbkugel, das sich von den britischen Inseln über den Großteil Europas bis nach Ostasien erstreckt. Nicht zum Verbreitungsgebiet gehören die skandinavischen Länder sowie Bereiche in Südeuropa wie Portugal, Südspanien und Griechenland.
Die Zielart des Berliner Florenschutzes steht hier stellvertretend für eine Reihe gefährdeter Arten der Feuchtgebiete. Um sie zu erhalten, müssen ihre Lebensräume geschützt werden. Vor allem bedeutet dies keine Entwässerungsmaßnahmen feuchter Standorte durchzuführen und den Wasserhaushalt vor dem Hintergrund der Klimaveränderungen langfristig zu stabilisieren. Darüber hinaus ist es notwendig, die Standorte offenzuhalten. Dies kann z. B. durch eine 1-2schürige Mahd oder eine Beweidung mit geringem Tierbesatz erfolgen.
Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen eine solche Pflanze finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!
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