Pflanze des Monats Dezember 2018
Quirl-Tännel Elatine alsinastrum
Als einziger Vertreter der Tännelgewächse erinnert der Quirl-Tännel in seiner Erscheinung tatsächlich an den Namensgeber der Pflanzenfamilie, die Tanne. Seine Blätter verleihen dem Quirl-Tännel eine tannenähnliche Gestalt en miniature. Davon abgesehen ist der Quirl-Tännel jedoch ein echtes Unikat. Sein ursprünglicher Naturlebensraum waren vermutlich temporäre Kleingewässer innerhalb von Auengebieten, weshalb die ungewöhnliche Pflanze zwei Erscheinungsformen ausgebildet hat. In seiner Unterwasserform ist der Quirl-Tännel nur wenige Zentimeter groß und besitzt linealische Blätter. Fällt sein Standort trocken, entwickelt er seine Landform. Der Stengel streckt sich auf bis zu einen Meter Länge und die Blätter verbreitern sich um ein Mehrfaches. Um die Wasserversorgung auch außerhalb des Wassers zu gewährleisten, werden die Luftblätter zudem mit mehr Blattadern ausgestattet als die Wasserblätter. Die Pionierart ist auf das gelegentliche Trockenfallen ihres nassen Standortes ebenso angewiesen wie auf offene Bodenstellen und viel Licht zur Keimung. Außerdem benötigt sie einen begrenzten Nährstoffgehalt, damit sie nicht von konkurrenzstärkeren Pflanzen überwuchert wird. Sind diese Bedingungen nicht gegeben, kann die ein- bis selten mehrjährige Pflanze mithilfe ihrer langlebigen Samen Jahre bis Jahrzehnte in der Samenbank überdauern, bis wieder günstige Verhältnisse herrschen.
Der Quirl-Tännel besiedelt mehrere Verbreitungsareale und -inseln unterschiedlicher Größe in Mitteleuropa, Osteuropa, Russland und Kasachstan. Außerhalb der geschlossenen Areale existieren zahlreiche zerstreute Vorkommen, z. B. in Deutschland. Hier war die Art seit jeher selten und hat zudem seit der Mitte des 20. Jh. ungefähr zwei Drittel ihrer Vorkommen eingebüßt. In unserer historischen Kulturlandschaft konnte der Quirl-Tännel nasse Schweineweiden und gelegentlich trockenfallende Pfuhl- und Teichböden besiedeln. Heute können wir ihn mit viel Glück noch auf zeitweise überschwemmten Schlammflächen an Ufern oder überschwemmten Ackerrändern finden. Der Wegfall zeitweise überschwemmter Ufer durch Befestigungen und das Zuwachsen von Pfuhl- und Teichrändern bedeuten für den Quirl-Tännel schwerwiegende Lebensraumverluste.
In Berlin galt die deutschlandweit stark gefährdete Art als verschollen, bis sie dieses Jahr in einem Pfuhl wiederentdeckt wurde. Diesem Fund gingen Renaturierungsmaßnahmen mit dem Ziel der Schaffung offener Ufer- und Landbereiche voraus. Dafür wurden dominante Rohrkolbenbestände und aufwachsende Gehölze entfernt, vergraste Uferabschnitte und Randbereiche gepflügt sowie eine Beweidung mit Wasserbüffeln eingerichtet. Außer dem Quirl-Tännel profitieren weitere gefährdete Pflanzenarten wie das Liegende Hartheu und selten gewordene Amphibien wie der Moorfrosch von der Pfuhlrenaturierung.
Sollten Sie einmal mit einem Fuß im Schlamm stecken bleiben, ärgern Sie sich also nicht, sondern halten Sie Ausschau nach dem Quirl-Tännel und anderen unscheinbaren Teichbodenpflanzen. Wir freuen uns über Ihre Fundmeldung per E-Mail – gerne mit Fotobeleg. Vielen Dank!
Alle Pflanzen des Monats von A - Z