Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats Oktober 2022

Moores Schachtelhalm Equisetum x moorei NEWMAN

In den meisten Pflanzennamen verstecken sich bereits erste Hinweise auf das Aussehen einer Art oder auf den Lebensraum, in dem sie zu finden ist. Anders beim Moores Schachtelhalm, der auch gerne mal Moore-Schachtelhalm genannt wird. Denn hier wurde nicht, wie vermutet, der Lebensraum der Sporenpflanze beschrieben. Stattdessen wurde der schottische Entdecker der Schachtelhalm-Art höchstpersönlich durch seinen Kollegen geehrt. Ende des 19. Jahrhunderts hat der renommierte Botaniker Edward Newman den besonderen, von David Moore in Irland getätigten Neufund als erster beschrieben und publiziert.

„Lebende Fossile“

Selbst bei Urpflanzen wie den Schachtelhalmen steht die Evolution nie still. Seit etwa 375 Millionen  Jahren haben sich die eigenartig aussehenden Sporenpflanzen erfolgreich an ihre Umwelt angepasst und bildeten im Erdzeitalter Perm und Karbon sogar einzigartige Steinkohlewälder. In dieser Zeit  herrschte tropisches Klima, sodass einige der Schachtelhalm-Arten auf bis zu 30 m Höhe heranwachsen konnten. Vergleichbar mit den Wuchshöhen unserer heutigen Großbäume. Von der einst so artenreichen Gruppe der Schachtelhalme sind bis heute weltweit nicht einmal 20 Arten geblieben.

Der Moores Schachtelhalm ist ein anschauliches Beispiel, wie Evolution ablaufen kann. Er ist aus der natürlichen Kreuzung von zwei Schachtelhalm-Arten hervorgegangen: dem Ästigen Schachtelhalm (Equisetum ramosissimum) und dem Winter-Schachtelhalm (Equisetum hyemale). Beim Moores Schachtelhalm (Equisetum x moorei) handelt es sich um eine Natur-Hybride - gekennzeichnet durch „x“ im wissenschaftlichen Namen.

Knifflige Bestimmung

Der Moores Schachtelhalm enthält typische Merkmale beider Arten und ist damit nicht immer einfach von seinen „Eltern“ zu unterscheiden. Bei der Wuchshöhe liegt er mit bis zu 80 cm in etwa zwischen den beiden Elternarten. Er ist im Wuchs aber weniger kräftig als der Winterschachtelhalm.

Weitere Erkennungsmerkmale sind auch die langen Blattscheiden, welche bei Schachtelhalmen zu einer Art stängelumfassenden Röhre umgebildet sind. Diese weisen beim Moores Schachtelhalm oben und unten schmale schwarze Querbinden auf. An den obersten Blattscheiden sitzen kleine Zähnchen, die allerdings schon früh abfallen können. Generell erscheint die ausdauernde Pflanze im Vergleich zu den Elternarten eher blass- oder graugrün.

Verbreitung noch nicht vollständig geklärt

Da die Merkmale bei Hybriden gelegentlich variieren, ist es in einigen Fällen gar nicht so einfach, den Moores Schachtelhalm zweifelsfrei zu bestimmen. Daher ist es kaum verwunderlich, dass noch nicht allzu viel über seine weltweite Verbreitung bekannt ist. Der Moores Schachtelhalm ist nach heutigem Wissensstand im eurasiatischen Raum beheimatet.

Außerdem wird angenommen, dass der Mensch maßgeblich an seiner Verbreitung in Europa beteiligt war. Denn die silikathaltigen Schachtelhalme fanden einst als sanftes Poliermaterial Verwendung. Daher wurden sie im Volksmund auch „Zinnkraut“ genannt. Beim Moores Schachtelhalm sind diese Mineraleinlagerungen als Querrippen und Punktierungen mit einer Lupe (!) auf dem Pflanzenstängel erkennbar oder sogar mit dem Fingernagel spürbar.

Sehr selten und stark bedroht

In Deutschland sind vom Moores Schachtelhalm bislang nur zwei größere Verbreitungsgebiete bekannt. Er kommt nahezu entlang des gesamten Rheinlaufs vor – vom Bodensee bis zum Niederrhein in Nordrhein-Westfalen. Der andere Vorkommensschwerpunkt der Art liegt in Berlin und dem angrenzenden Brandenburg. In einigen Bundesländern gibt es außerdem noch eine Handvoll weiterer isolierter Einzelfunde.

Der Moores Schachtelhalm kann ein relativ breites Spektrum an Lebensräumen besiedeln. Man findet ihn in (brachgefallenen) Halbtrockenrasen, in reicheren Stauden- und Unkrautfluren und in wechselnassen Bruch- und Auenwäldern. Gelegentlich werden auch Böschungen und Dämme auf sandig bis kiesigem Untergrund von der Art angenommen. Bevorzugt wächst Moores Schachtelhalm jedoch auf nährstoffärmeren, mäßig durchfeuchteten und basenreichen Böden. Bei ausreichend hellen Lichtverhältnissen bildet er durch unterirdische Ausläufer lockere bis mäßig dichte Herden.

Trotz seiner Anpassungsfähigkeit hat es die Hybride bedauerlicherweise schon auf die Roten Listen geschafft und gilt bundesweit als stark gefährdet. Auch in Berlin ist die Art stark bedroht und es sind nur wenige Vorkommen bekannt. Da es bislang noch zu wenig Wissen über die Art gibt, gestaltet sich auch der gezielte Artenschutz als problematisch. Auf jeden Fall sollten an seinen Fundorten konkurrenzstarke Arten gegebenenfalls  zurückgedrängt werden und es sollten lichte Verhältnisse erhalten bleiben. Für weitere Maßnahmenvorschläge benötigt es bessere Kenntnisse zu seinen Lebensraumansprüchen.

Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen Moores Schachtelhalm entdecken, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!

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