Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats Februar 2019

Märkisches Schwingelschilf Scolochloa marchica Düvel, Ristow & H. Scholz

Ist die Rede von neu entdeckten Pflanzenarten, denkt man eher an unübersichtliche Regenwälder als an das überschaubare Brandenburg. Doch genau dort wurde eine neue Art entdeckt: das Märkische Schwingelschilf. 1998 kamen Botaniker*innen ins Grübeln, weil es sich bei einem der Röhrichtgräser am Großen Wentowsee in Brandenburg nicht wie zunächst angenommen um das Gewöhnliche Schwingelschilf handeln konnte, obwohl es ihm stark ähnelte. Aber kleine Unterschiede der Ährchen, Blüten und Blattspreiten, die nur mit der Lupe zu sehen sind, deuteten auf eine neue, bisher nicht beschriebene Art hin: das Märkische Schwingelschilf war gefunden. Auf Basis dieser Erkenntnis wurden weitere aktuelle und historische Vorkommen des Gewöhnlichen Schwingelschilfs als Märkisches Schwingelschilf enttarnt. Diese Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen, sodass die Verbreitung der Art momentan unklar ist. Gut möglich, dass es sich um eine endemische Art handelt, die ausschließlich in Berlin, Brandenburg und Polen vorkommt. Bis ins 20. Jahrhundert existierten zahlreiche Vorkommen des Gewöhnlichen Schwingelschilfs entlang der Havel und angrenzender Gewässerufer, von denen einzelne anhand von Herbarbelegen nachträglich als Märkisches Schwingelschilf identifiziert wurden.

Die aktuellen Berliner Vorkommen befinden sich am Dahmeufer sowie am Ufer des Krossinsees.Die ein bis zwei Meter große Pflanze überdauert mehrere Jahre und blüht im Juni und Juli. Trotz ihrer reichblütigen Rispe bildet sie häufig keine fertilen Samen aus. Dank ihrer kräftigen, unterirdischen Rhizome kann sie dies über die vegetative Vermehrung ausgleichen. Außerdem können ihre Samen mehrere Jahre im Boden, in der sogenannten Samenbank, überdauern. Mithilfe von Bodenverwundungen kann die Pflanze nach der Wiedervernässung eines trocken gefallenen Biotopes aktiviert und die Samen zum Keimen gebracht werden.

Die Sumpfpflanze begrüßt wechselnde Wasserstände und besiedelt neben den Röhrichten langsam fließender bis stehender Gewässer auch nasse Äcker, Wiesen und Gräben. Werden nasse Wiesen und Gräben oder Überschwemmungsbereiche trockengelegt, verschwinden die für diese Art notwendigen Feuchtlebensräume. Auch ausbleibende Überschwemmungen sowie die intensive Bewirtschaftung von Gewässern und Wiesen können ein Problem für das Märkische Schwingelschilf darstellen. Feuchte Lebensräume sollten deshalb erhalten und vor einer Trockenlegung bewahrt werden. Durch intensive Schifffahrt und starken Wellenschlag gefährdete Bestände können durch niedrige Buhnen geschützt werden. 

Für die botanische Bestimmung des Märkischen Schwingelschilfs muss man also nicht nur sehr genau hinschauen, sondern sich außerdem auf die Wasseroberfläche begeben. Statt wie sonst an dieser Stelle um Fundmeldungen zu bitten und Sie auf dünnes Eis zu schicken, wünschen wir Ihnen viel Freude beim Betrachten der Schilf-Winterlandschaften!

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