Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats Dezember 2024

Hain-Segge Carex otrubae Podp.

Unser Star in diesem Monat steht nicht in der ersten Reihe, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Unscheinbar steht die Pflanze in feuchten Wiesen und nassen Wäldern. Die Unterscheidung zu nah verwandten Arten ist ebenfalls nicht einfach. Die heute als Hain-Segge angesprochene Art Carex otrubae ist in der Vergangenheit als Schattenform der Echten Fuchssegge (Carex vulpina) verkannt worden. In der Pflanzenwelt bezieht sich der Begriff „Schattenform" darauf, dass eine Pflanze in weniger idealen Lichtverhältnissen wächst und daher von ihrer typischen Erscheinung abweicht. Lassen Sie uns gemeinsam einen genauen Blick auf die subtile und einzigartige Schönheit dieser Art werfen!

Zerzaust mit spitzem Winkel und schwachen Flügeln

Die Hain-Segge gehört zu den gleichährigen Seggen. Männliche und 2-narbige weibliche Blüten stehen gemeinsam in dichten Ähren, welche meist von dem untersten Tragblatt überragt werden. Die Wuchshöhe ist recht variabel und schwankt zwischen 30 bis 80 cm. Sie wächst in kräftigen, etwas struppig erscheinenden Horsten in hell- bis grasgrüner Farbe. Die alten Blattscheiden am Grund der Triebe sind kaum zerfasernd und hellbraun. Der Blick auf die Form des Blatthalms und die Form des Blatthäutchens sind essenziell zur Bestimmung. Erstere ist wie üblich in der Gattung der Seggen dreikantig, bei der Hain-Segge zusätzlich auffallend kräftig, kaum bis leicht eingesenkt und an den Kanten höchstens schwach geflügelt. Das Blatthäutchen ist spitzwinklig und länger als breit. An genau dieser Merkmalkombination lasst sich die Art erkennen.

Gut gewässert und wohl genährt

Am wohlsten fühlt sich diese Art an Standorten mit Wasserständen bis zur Bodenoberfläche oder knapp darunter. Nasse Füße und eine gute Nährstoffversorgung sind wichtig für die Art, daher lohnt sich die Suche nach der Hain-Segge zuerst auf sickernassen Wiesen und Weiden oder in Großseggenrieden.  Weitere Lebensräume, die sie besiedelt, sind halbschattige Standorte wie Feuchtwälder. In Berlin hat die Art ihren Schwerpunkt auf Feuchtwiesen, im Uferbereich von Kleingewässern und im Wald.

Verbreitung der Art noch unvollständig erforscht

Die submediterran-subatlantische Art besiedelt ein ausgedehntes europäisch-asiatisches Verbreitungsgebiet. Es reicht von Südeuropa und der westtürkischen Mittelmeerküste über den Nahen Osten (Israel, Syrien, Irak) und den Iran bis nach Afghanistan und Mittelsibirien. Weitere Vorposten existieren zudem in Nordwestafrika, auf den Kanarischen Inseln, Zypern, Kreta, Korsika und den Balearen. In Zentraleuropa wird sie bereits sehr selten. Das Verbreitungsgebiet der Hain-Segge ist nur uneinheitlich beschrieben und bleibt Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Aktuell kann die Verbreitung nicht gänzlich von der Verbreitung der Echten Fuchs-Segge getrennt werden. In Berlin ist die Art nie häufig gewesen, jedoch sind heute nur noch drei Populationen bekannt, die Vorkommen bestehen dabei aus wenigen Individuen.

Gefährdung und Maßnahmen 

Wie vielen Pflanzenarten feuchter Standorte ist es der Hain-Segge durch das menschliche Wirken an vielen Stellen zu trocken geworden. Seit der Gründung Berlins wurde die Entwässerung der Landschaft vorangetrieben. Mit der weiteren Besiedelung und des damit einhergehenden enormen Anstieges der Bevölkerung im Laufe des 20. Jahrhunderts erhöhte sich der Wasserbedarf erheblich. Die notwendige Wasserförderung verschärfte die Situation für wasserabhängige Lebensräume weiter und reduzierte diese bis in die Gegenwart auf einen Bruchteil der ursprünglichen Ausdehnung. Das hatte einen Rückgang der Ausbreitung der Hain-Segge zur Folge. In Deutschland ist die Art zwar als nicht gefährdet gelistet. Anders verhält es sich in Berlin, hier ist sie vom Aussterben bedroht.

Heute ist es wichtig, die noch vorhandenen Bestände zu schützen, deshalb muss dafür gesorgt werden, dass die benötigten (hohen) Wasserstände in ihrem Lebensraum dauerhaft gesichert sind. Eine fachgerechte Pflege oder Nutzung der Flächen spielt dabei eine zentrale Rolle für den Erhalt der Art. Eine weitere Voraussetzung zum Schutz der Art ist es, sie in Planungsvorhaben zu berücksichtigen. Die dafür notwendigen Daten stellen wir als Koordinierungsstelle Florenschutz für Behörden und Planungsbüros zur Verfügung.

Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen in Berlin die Hain-Segge finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!

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