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Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats September 2020

Echtes Herzgespann Leonurus cardiaca subsp. cardiaca L.

Wer die charakteristische Staude kennenlernt, wird sie nur schwer wieder vergessen. Dafür sorgen ihr stattliches Aussehen sowie eine Nutzungsgeschichte, die bis in die Zeit der Klostergärten reicht. Kaum zu glauben, dass das Echte Herzgespann heutzutage weitgehend unbekannt ist – besaß es doch einst sogar den Ruf, für ein starkes Löwenherz zu sorgen.

Schon im Mittelalter wurde die Pflanze mit verheißungsvollen Namen wie Herzgespann und Löwenschwanz gerne bei diversen Herzbeschwerden angewendet. Und tatsächlich konnte ihre beruhigende und blutdrucksenkende Wirkung mittlerweile belegt und eine ganze Reihe an medizinischen Wirkstoffen nachgewiesen werden.

Neben ihren heilwirksamen Fähigkeiten waren auch die löwenschwanzartig geformten Laubblätter der 30 bis 100 Zentimeter großen Staude Namensstifter. Der Blickfänger blüht zwischen Juni und September. Seine quirlständig um den Stängel angeordneten weiß-rosa Blüten stehen insbesondere bei Hummeln hoch im Kurs.

Wie die altbekannte Kornblume und der beliebte Mohn ist auch das Echte Herzgespann ein Archäophyt. Also eine Pflanze, die noch vor Kolumbus Anlandung in Amerika durch menschliches Zutun in unseren Breiten eingeführt wurde. Durch die Kultur in Kloster- und Bauerngärten wurde es im frühen Mittelalter vermutlich aus Westasien und Südosteuropa nach Mitteleuropa gebracht. Den Sprung aus den Gärten hat das Echte Herzgespann schon damals geschafft. Die Nachkommen der ehemaligen Gartenpflanzen leben seit vielen Generationen in der freien Wildbahn, sodass die Art seit Jahrhunderten bei uns eingebürgert ist.

Auch ein naher Verwandter befindet sich aktuell auf dem Weg der Etablierung: das neophytische Zottige Herzgespann, Leonurus cardiaca subsp. villosus. In manchen Gegenden Deutschlands gilt es bereits als eingebürgert, wohingegen die Vorkommen in Berlin bislang noch unbeständig auftreten. Beworben und gepflanzt wird diese neophytische Sippe vor allem als Bienenfutterpflanze. Im Gegensatz zum Echten Herzgespann besitzt es dicht weichhaarige Blätter und ringsum zottig behaarte Stängel. Noch gibt es kein Wissen darüber, ob und wie sich die Ausbreitung des Neophyten auf andere Pflanzenarten auswirkt. Aber eine Hybridisierung mit dem Echten Herzgespann ist bereits nachgewiesen, was eine Gefährdung für das Echte Herzgespann bedeuten kann.

Während der Neophyt in großen Bereichen Deutschlands zunehmend auftritt, ist das Echte Herzgespann stark rückläufig.

Letzteres ist in Deutschland in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Berlin und Nordbayern locker bis gehäuft verbreitet. Gemehrte Vorkommen finden sich zum Beispiel in Nordwest- und Ostsachsen, Nordbayern, südöstlich und östlich des Harzes, im Wendland, an den Zuflüssen der Weser sowie in Berlin. In den restlichen Bundesländern sowie im Bergland ist die Unterart nur spärlich verbreitet und fehlt in großen Gebieten auch ganz.

Seit 1950 hat die Art in Deutschlands starke Verluste erlitten, sodass sie bundesweit als stark gefährdet gilt. In Berlin und Brandenburg wird sie derzeit als gefährdet eingestuft. Die Gründe für die Gefährdung liegen in einer intensivierten Landnutzung und der zunehmenden Bebauung dörflicher Strukturen.

Das Echte Herzgespann bevorzugt nämlich wärmebegünstigte Stellen im Siedlungsbereich und steht gerne vor Mauern, Zäunen und Hecken. Außerhalb von Gärten findet man es zum Beispiel auf Ruderalflächen, an Weg- und Straßenrändern oder auf Brachen, da es sonnige bis halbschattige, frische bis mäßig frische, eher stickstoffreiche Standorte benötigt.  

Maßnahmen zum Erhalt der Art bestehen in der Extensivierung der Grünflächenpflege und der Duldung oder Förderung von Staudenfluren an Mauern, Zäunen und Baumscheiben. Insbesondere für Schau-, Schul-, Kirch- oder Museumsgärten ist die kulturell bedeutsame Art eine echte Bereicherung. Durch die Ausbringung von Samen oder Jungpflanzen aus zertifizierter gebietseigener Herkunft kann der Fortbestand der Art gefördert werden.

Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen ein Exemplar des Echten Herzgespanns finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Aber auch Meldungen von verwilderten Vorkommen des Zottigen Herzgespanns nehmen wir gerne mit Fotobeleg entgegen. Es sollte möglichst der Blütenstand fotografiert werden, sodass zu erkennen ist, ob der Stängel zottig behaart ist oder nicht. Vielen Dank!

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