Pflanze des Monats September 2023
Deutscher Ginster Genista germanica
Manche Arten sind in Berlin so selten, dass nur wenige Menschen das Glück haben, sie im Stadtgebiet beobachten zu können. Dazu gehört mit Sicherheit unsere Pflanze des Monats September, der Deutsche Ginster (Genista germanica). Anders als ihr Name vermuten lässt, ist die Art inzwischen in ganz Deutschland selten und fast nur noch in den Mittelgebirgen etwas häufiger anzutreffen. Das letzte bekannte wildwachsende Berliner Exemplar wuchs im Bezirk Köpenick und musste vor einigen Jahren vor Baumaßnahmen gerettet werden.
Umgangssprachlich werden viele gelb blühende Sträucher als Ginster bezeichnet und die meisten Menschen werden dabei vermutlich den bis zu 2 m hohen Besenginster (Cytisus scoparius) vor Augen haben. Zur eigentlichen Gattung Ginster (Genista) gehören in Deutschland jedoch ausschließlich Zwerg- oder Halbsträucher, die selten höher als einen Meter werden. So ist es auch bei Genista germanica, der nur eine Wuchshöhe von etwa 60 cm erreicht. Seine älteren Äste sind verholzt, meist niederliegend und mit verzweigten Dornen besetzt. Junge Zweige sind dagegen grün, abstehend behaart und reich beblättert. Anders als bei den meisten Arten aus der Familie der Schmetterlingsblütler (Fabaceae) sind seine Blätter nicht gefiedert. Sie sind schmal eiförmig, grasgrün, 10 bis 20 mm lang und wie der Spross abstehend behaart. Von Mai bis Juni erscheinen die gelben, etwa 10 mm langen Schmetterlingsblüten in traubigen Blütenständen am Ende der Zweige. Ihr Blütenkelch ist behaart, ebenso wie das „Schiffchen“, welches aus den zwei unteren Kronblättern gebildet wird und die Staubblätter und den Griffel enthält. Die Bestäubung erfolgt durch Bienen, Hummeln und andere Wildbienenarten, die sich auf der Suche nach Nektar auf das Schiffchen setzen.
Dabei wird der Pollen an ihrem Hinterleib platziert und so zur nächsten Blüte transportiert. Nach der Befruchtung bildet sich eine 8-15 mm lange, behaarte Hülsenfrucht, die nur zwei bis fünf Samen enthält. Auch wenn diese aussehen wie Linsen, sollten sie auf keinen Fall verzehrt werden: Sie enthalten Alkaloide und sind wie die gesamte Pflanze stark giftig. Als Nahrungspflanze ist Genista germanica trotzdem bei den Larven verschiedener Falter sehr beliebt. So ernähren sich die Raupen des Grünen Zipfelfalters (Callophrys rubi) oder des stark gefährdeten Ginster-Bläulings (Plebeius idas) von der Pflanze.
Hier ist der Deutsche Ginster zuhause
Der Deutsche Ginster bevorzugt trockene Sandböden, die nährstoffarm und nicht zu kalkhaltig sind. So kommt er in trockenen Heiden, auf Magerrasen und in Sandgruben vor. In lichten Eichen- und Kiefernwäldern bevorzugt er Säume, Wald- und Wegränder.
Seinen Namen hat der Deutsche Ginster nach seinem Hauptverbreitungsgebiet erhalten. Das zusammenhängende Areal reicht vom Südwesten Frankreichs über Norditalien und dem nördlichen Balkan bis in die Ukraine und Weißrussland sowie im Norden bis an die deutsche und polnische Ostseeküste. Kleine Teilareale sind in Dänemark und im westlichen Russland vorhanden. In den Hochgebirgsregionen fehlt er ebenso wie an der Atlantikküste. Sein Verbreitungsschwerpunkt liegt allerdings in den mittel- und osteuropäischen Laubwaldgebieten und Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für den Schutz dieser Art.
Der letzte Berliner seiner Art
Häufig ist der Deutsche Ginster hier aber nicht mehr. Dies liegt vor allem an seiner Vorliebe für magere, sonnige Waldränder. Dort ist er durch Bauvorhaben, Aufforstung und allgemein durch eine intensivierte Land- und Forstwirtschaft bedroht, welche zusätzlich mit erhöhten Nährstoffeinträgen einhergehen. Dadurch werden schnellwüchsige und oft auch neophytische Arten wie Spätblühende Traubenkirsche, Eschen-Ahorn oder Robinie gefördert, welche die kleinwüchsigen Sträucher beschatten und schließlich verdrängen. In Nord- und Mitteldeutschland sind in den letzten Jahrzehnten etwa die Hälfte aller Vorkommen verschwunden, sodass die Art in Deutschland als gefährdet gilt.
Beispielhaft für den starken Rückgang steht das Land Berlin. Hier gilt die Art als vom Aussterben bedroht und hat eine sehr hohe Priorität für den Florenschutz. In der historischen "Flora Regni Borussici" von Albert Dietrich und Friedrich Klotzsch aus dem Jahr 1844 stand noch "in Wäldern fast überall häufig". Vorkommen gab es zum Beispiel in der Hasenheide, Jungfernheide und der Köpenicker Heide, im Grunewald, in Johannisthal und in Tegel. Anfang der 1990er Jahre waren nur noch fünf sehr kleine Vorkommen in Köpenick bekannt, von denen nach 2011 nur noch ein einziges wiedergefunden wurde. Dieses war zudem akut durch ein Bauvorhaben bedroht. Zum Glück ist die Geschichte hier noch nicht zu Ende. Aus dem Saatgut dieser Pflanze und einer weiteren Brandenburger Population wurde im Botanischen Garten Potsdam eine Vermehrungskultur angelegt. Mit Unterstützung von Ehrenamtlichen konnten der Botanische Garten und die Koordinierungsstelle Florenschutz der Stiftung Naturschutz Berlin schließlich wieder einige Pflanzen in einem Naturschutzgebiet in Köpenick ansiedeln.
Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen diese seltene Pflanze finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!
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