Pflanze des Monats Januar 2025
Blauer Tarant Swertia perennis
Zur kalten Jahreszeit befinden sich die meisten ausdauernden, krautigen Wildpflanzen in der gemäßigten Klimazone in der Winterruhe – oft überdauern sie mit unterirdischen Speicherorganen im Boden. Verschiedene Anpassungen ermöglichen es diesen Pflanzen, auch in kalten und rauen Lebensbedingungen zu überleben. So auch der Blaue Tarant (Swertia perennis), der vor allem in kühlen und nassen Lebensräumen vorkommt. Sobald die Temperaturen im Frühling steigen und die Tage wieder länger werden, treibt der Blaue Tarant mit genügend Energiereserven erneut aus.
Ein Stern der Moore
Mit etwas Glück sieht man zwischen Juni und August die Blüten des Blauen Tarant, auch Sumpfenzian genannt, wie zahllose violette Sterne aus den Mooren und Feuchtwiesen ragen. An bis zu 50 cm hohen, schlanken Stängeln präsentiert die Pflanze ihre traubenähnlichen Blütenstände. Ihre Grundblätter sind eiförmig bis elliptisch und gestielt, während die Stängelblätter gegenständig und schmal zugespitzt sind.
Diese faszinierenden sternförmigen Blüten ziehen den Blick magisch auf sich. Sie erstrahlen in hellem Violett bis Stahlblau, durchzogen von feinen, dunklen Adern und Punkten. Am Blütengrund stellen sich filigrane, gefranste Nektargrübchen zur Schau. Diese auffällige Blütenzeichnung ist nicht nur eine wahre Augenweide, sondern lockt auch eine Vielzahl von Bestäubern wie Käfer, Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge an.
Zu finden in kalkreichen Mooren und Gebirgslagen
In der freien Landschaft kommt die Art vor allem in den montanen bis subalpinen Hochgebirgen Europas vor und bevorzugt kalkreiche und nährstoffarme Böden, wie sie in Flach- und Quellmooren und einigen Feuchtwiesen vorkommen. Die konkurrenzschwache Art ist ein Lichtkeimer und deshalb auf Bodenverwundungen zur Ausbreitung angewiesen. So findet man sie etwa in den Pyrenäen, Alpen und Karpaten. Weiterhin umfasst das Verbreitungsgebiet großflächige Moorgebiete Mittel- und Osteuropas, insbesondere im nordostdeutschen Tiefland und im Baltikum.
In Deutschland sind die Bestände des Blauen Tarants im Rückgang begriffen und daher stark gefährdet. Man findet ihn noch häufiger im südlichen Alpenvorland bis zum Schwarzwald. Weitere isolierte Vorkommen gibt es im Böhmerwald, im Erzgebirge und in Brandenburg. Das einst größere Vorkommensgebiet in Mecklenburg-Vorpommern ist seit den 1950er Jahren bedauerlicherweise stark zurückgegangen und konzentriert sich nur noch auf wenige Fundorte. In den restlichen Teilen Deutschlands fehlt die Art gänzlich.
In Berlin existierte früher ein bedeutendes Vorkommen der Art im Tegeler Fließtal. Denn in den Hanglagen des Tegeler Fließtals gibt es Kalktuffquellen, aus denen besonders kalkhaltiges Grundwasser austritt– ideale Bedingungen für diese Art. In den 1970er Jahren zählte man noch tausende Pflanzen. Doch die Bestände sind nach und nach verschwunden. Seit zwanzig Jahren wurde der Blaue Tarant dort nicht mehr gesichtet und gilt in Berlin als verschollen. Auch in Brandenburg sind die wenigen verbliebenen Vorkommen vom Aussterben bedroht.
Herausforderungen des Artenschutzes
Hauptursachen für den Rückgang der Art sind Veränderungen im Landschaftswasserhaushalt und der Landnutzung selbst. So sorgen Entwässerung und Nutzungsaufgabe dafür, dass sich die Habitat-Eigenschaften zunehmend für niedrigwüchsige Arten feuchter Standorte verschlechtern und diese durch hochwüchsige, häufigere Arten ersetzt werden. Aber auch Aufforstungen oder Bewirtschaftung von Mooren spielen eine Rolle beim Rückgang der Art. Zudem tragen Nährstoffeinträge in ehemals schwachwüchsige Standorte zur Veränderung der Lebensräume bei – ohne regelmäßige extensive Nutzung bleibt die Art langfristig chancenlos.
Für den Rückgang des Berliner Vorkommens war die Einstellung der Rieselfeldwirtschaft eine entscheidende Ursache. Insbesondere während anhaltender Dürreperioden lässt die Quelltätigkeit an den Hanglagen stark nach, wodurch die Böden nicht mehr ausreichend wassergesättigt sind oder einige Bereiche zeitweise sogar komplett austrocknen.
Ein Beispiel für das Artensterben
Der Verlust des Blauen Tarants in Berlin ist ein bedrückendes Beispiel für den Rückgang der biologischen Vielfalt. Häufig genügt eine Kombination aus veränderten Umweltbedingungen und unzureichender Standortpflege, um hochgradig gefährdete Arten aus ihren Lebensräumen zu verdrängen.
Doch es gibt weiterhin Handlungsmöglichkeiten: In den vergangenen Jahren wurde das Habitat durch standortgerechte Pflege wiederhergestellt. Unsicher ist, ob die Eutrophierung aus der Umgebung und eine verringerte Kalktuffbildung die Habitat-Qualität nachhaltig verschlechtern. Bisher konnten mit den Maßnahmen jedoch keine eventuell noch im Boden vorhandenen Samen zur Keimung gebracht werden. Eine Option wäre eine Wiederansiedlung des Blauen Tarants aus Brandenburger Herkünften, was mit den dortigen Naturschutzbehörden abzustimmen wäre.
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