Pflanze des Monats Juli 2022
Zungen-Hahnenfuß Ranunculus lingua
Wer viele Nährstoffe bekommt, wird groß und stark – das trifft wohl auch auf den Zungen-Hahnenfuß zu. Denn mit seinem aufrechten Wuchs erreicht die Sumpfpflanze eine stattliche Größe von bis zu 1,50 m. In nährstoffreichen und hochwüchsigen Röhrichten bringt diese Größe Vorteile. Um von Bestäubern nicht übersehen zu werden, machen goldgelb glänzende Blüten mit bis zu vier Zentimetern Durchmesser von Juni bis August auf sich aufmerksam. Sowohl hinsichtlich Wuchshöhe als auch Blütendurchmesser übertrifft der Zungen-Hahnenfuß alle in Berlin heimischen Ranunculus-Arten.
Selten und bedroht
Obwohl die Art viel Energie aufwendet, um gesehen zu werden, bekommt man den Zungen-Hahnenfuß in Berlin kaum noch zu Gesicht. Bei uns ist die Art vom Aussterben bedroht. Die Pflanze zählt ohnehin zu den seltenen Arten der Röhrichte nährstoffreicher Gewässer, der Gräben und der Sümpfe. Erschwerend kommt hinzu, dass infolge von Wasserverschmutzung und Entwässerung von Feuchtgebieten der Lebensraum vieler Sumpfpflanzen verloren gegangen ist. So sind seit Mitte des letzten Jahrhunderts deutschlandweit nahezu ein Drittel aller Vorkommen des Zungen-Hahnenfußes verschwunden. Nur im norddeutschen Tiefland ist die Art noch mäßig häufig zu finden. In den restlichen Regionen Deutschlands ist der Zungen-Hahnenfuß nur noch sehr zerstreut bis selten anzutreffen.
Der Zungen-Hahnenfuß ist von Europa bis nach Westasien heimisch und kommt schwerpunktmäßig in Flussniederungen vor. Sein geschlossenes Verbreitungsgebiet erstreckt sich von West- und Mitteleuropa über große Teile Osteuropas bis nach Westsibirien. Einzelne Vorposten der Art liegen in Skandinavien, im Mittelmeerraum, im Kaukasus und im Himalaya-Gebirge.
Hohler Stängel mit Auftrieb
Seinen Namen hat die Art den langen, zungenförmigen Blättern zu verdanken, die den Stängel umfassen. Als Anpassung an nasse Böden ist der Stängel dick und hohl und ermöglicht neben dem Gasaustausch mit untergetauchten Pflanzenteilen auch den nötigen Auftrieb bei steigenden Wasserständen.
Brenzlig wird es für den Zungen-Hahnenfuß dann, wenn das Wasser langfristig ausbleibt. Die vielversprechendste Maßnahme, um Arten feuchter Standorte zu erhalten, liegt in der Sicherung hoher Wasserstände. Durch Renaturierung können entwässerte Lebensräume wiederhergestellt werden. Zum Schutz vor Dünger- und Herbizideinträgen aus der Landwirtschaft können zusätzlich breite Pufferbereiche um Gewässer herum helfen.
Eine Pflanze mit Selbstschutz
Zum Verzehr ist das Hahnenfußgewächs nicht geeignet. Die geschützte Wildpflanze ist sogar in allen Teilen giftig und schützt sich somit selbst. Auch das Weidevieh meidet die giftige Pflanze – ganz im Sinne des Naturschutzes. Gelegentlich wird die mehrjährige Art heute als Zierpflanze an Gartenteichen kultiviert oder wegen ihres hohen Nährstoffbedarfs zur Wasserreinigung eingesetzt (Repositionspflanze). Doch bei dem Umgang mit der Art ist Vorsicht geboten, denn schon ein wenig Pflanzensaft auf der Haut kann zu Rötungen, unangenehmem Juckreiz oder sogar zur Blasenbildung führen.
Kurzlebige Samen
Für den Schutz und die Erhaltung der Art sind regelmäßige Kontrollen ihrer Vorkommen erforderlich. Denn ihre Samen sind nur etwa ein Jahr im Boden überlebensfähig. Fehlt der Pflanze das nötige Licht, blüht sie immer seltener und bildet kaum noch Samen aus. Zwar kann sich der Zungen-Hahnenfuß über lange, unterirdische Ausläufer auch ungeschlechtlich vermehren. Über mehrere Generationen droht die Population jedoch nach und nach genetisch zu verarmen.
Helfen Sie uns beim Schutz des Zungen-Hahnenfußes und weiterer Zielarten des Florenschutzes! Über Fundmeldungen von Zielarten in Berlin per E-Mail – am besten mit Fotobeleg – würden wir uns sehr freuen. Vielen Dank!
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