Pflanze des Monats September 2024
Sand-Schwingel Festuca psammophila
Süßgräser (Poaceae) sind bei der Pflanzenbestimmung oft eine Herausforderung, denn ohne strahlende Blüten fehlt ihnen ein Merkmal, welches die Artengruppe daher für viele recht monoton erscheinen lässt. Doch ganz im Gegenteil! Ihre Vielfalt ist beeindruckend, allein in Deutschland gibt es rund 240 Arten. Weltweit wurden sogar schon über 12.000 verschiedene Arten aus der Familie der Süßgräser entdeckt. Das macht die Süßgräser zu einer der artenreichsten Pflanzenfamilien.
Der Sand-Schwingel (Festuca psammophila) gehört zu den Grasarten, welche leicht Kopfschmerzen bei der Bestimmung bereiten können. Ihn zu finden, gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Die Pflanze ist nicht nur schwer zu erkennen, sondern auch extrem selten.
Psammophil = sandliebend
An Orten, wo es den meisten Pflanzen zu heiß und zu trocken ist, trotzen Sand-Schwingel und andere Spezialisten den unwirtlichen Lebensbedingungen. Der Sand-Schwingel ist ein Überlebenskünstler, der sandige Böden bevorzugt und sich in standörtlich extremen Trockenrasengesellschaften wie Silbergrasfluren wohlfühlt. Er wächst auf Binnendünen mit basischen Sanden ebenso wie in lichten, sandigen Kiefernwäldern und ihren Säumen. Auch Sekundärstandorte wie Sandgruben können ihm einen geeigneten Ersatzlebensraum bieten.
Verbreitungsgrenze verläuft im Osten Deutschlands
Der Sand-Schwingel ist eine Art mit schwach subkontinentalem Verbreitungsschwerpunkt, die vor allem in den Steppenlandschaften Osteuropas beheimatet ist. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Ostdeutschland über Tschechien und Zentral-Polen bis in den Südosten der Slowakei und den äußersten Westen der Ukraine.
Ihre westliche Ausbreitungsgrenze erreicht die Art in Sachsen-Anhalt, dort ist sie entlang der Elbe locker verbreitet. Die meisten Vorkommen des Sand-Schwingels liegen im Osten Brandenburgs. In Berlin kommt die Art nur an wenigen Fundorten vor und ihre Bestände sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. In anderen Teilen der Bundesrepublik fehlt der Sand-Schwingel gänzlich. Aufgrund des kleinen Verbreitungsgebiets ist Deutschland in besonderem Maße für den Schutz und die Erhaltung der Art verantwortlich.
Der entscheidende Hinweis liegt im Detail
Festuca psammophila gehört zur Gruppe der Schaf-Schwingel (Festuca ovina agg.), die für ihre große Formenvielfalt bekannt ist. Der Sand-Schwingelbildet blaugrüne, ausdauernde Horste, die Wuchshöhen von 20 bis 70 cm erreichen. Die Halme sind unter der Rispe kahl. Die Blätter sind meist gebogen und deutlich kürzer als die Halme. Charakteristisch weisen die Blattscheiden, besonders bei den unteren Blättern, eine violette Färbung auf.
Ein wichtiges Bestimmungsmerkmal der Art offenbart der Blattquerschnitt: Die Blattspreiten haben eine spezielle Form und enthalten eine bestimmte Anzahl von Blattnerven. Für eine zweifelsfreie Zuordnung ist an dieser Stelle der Griff zum Mikroskop notwendig, um die Art von anderen Sippen zu unterscheiden.
Wie alle Gräser ist der Sand-Schwingel ein Windblütler und ist nicht auf Insektenbestäubung angewiesen. Festuca psammophila blüht von Juni bis Juli.
Wo wenig wächst, hat der Sand-Schwingel Chancen
Der starke Rückgang des Sand-Schwingels ist eng mit dem Verlust von historischen Nutzungsformen, wie der Waldweide und Triftweide, verbunden. Durch die Schafbeweidung entstand eine schüttere Krautschicht mit viel Offenboden. In diesem Lebensraum können lichtliebende Pflanzen wie der Sand-Schwingel gedeihen.
Doch auch Nährstoffeinträge in Magerrasen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die wenigen verbliebenen Vorkommen des Sand-Schwingels dar. Diese zusätzlichen Nährstoffe fördern das Wachstum von konkurrenzstärkeren, höherwüchsigen Pflanzen, die den Sand-Schwingel verdrängen und seinen Lebensraum weiter einschränken.
Zur Unterstützung des Sand-Schwingels können stark beschattete Standorte aufgelichtet und offene Sandflächen geschaffen werden. Um den langfristigen Erfolg solcher Maßnahmen zu sichern, ist eine regelmäßige Pflege durch einschürige Mahd oder Schafbeweidung mit geringem Tierbesatz erforderlich. Nur durch diese kontinuierliche Bewirtschaftung kann der Lebensraum des Sand-Schwingels erhalten werden und eine Wiederansiedlung erfolgreich sein.
Falls Sie bei Ihren Spaziergängen entlang von Wegen und Waldsäumen eine solche Pflanze entdecken, freuen wir uns über eine Fundmeldung per E-Mail, idealerweise mit einem Foto. Vielen Dank!
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