Pflanze des Monats August 2019
Grünblütiges Leimkraut Silene chlorantha
Es scheint so, als müssten wir uns in Zukunft immer auf trockene Sommer einstellen. Für viele eine Schreckensnachricht, für das Grünblütige Leimkraut eher ein Lichtblick. Denn es hat die ausgeprägte Fähigkeit, selbst langanhaltende Trockenheit zu tolerieren. Die Art könnte also von der Klimaerwärmung in Mitteleuropa profitieren.
In der ersten Veröffentlichung der Gesamtflora von Berlin, der „Florae Berolinensis prodromus“ von 1787, wird dem Grünblütigen Leimkraut eine besondere Ehre zuteil: Es ist eine der 12 auserwählten Pflanzen, die nicht nur beschrieben, sondern auch in einer Zeichnung abgebildet sind.
Auf den ersten Blick ist die 30-60 Zentimeter große Staude allerdings recht unscheinbar. Mehrere meist unverzweigte, wenig bis gar nicht beblätterte Blütentriebe entspringen einer tiefgrünen Grundblattrosette. Auch die namensstiftenden, grüngelben Blüten sind trotz ihrer Vielzahl eher unauffällig. Sie blühen zwischen Juni und August sowie bei günstiger (warmer) Witterung noch einmal zwischen September und Oktober. 20-30 Blüten pro Trieb sind keine Seltenheit, sodass bis zu 3000 Samen je Pflanze zusammenkommen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb das Grünblütige Leimkraut auf eine vegetative Vermehrung ganz verzichtet.
Damit seine Samen keimen können, ist es auf konkurrenzarme Verhältnisse und offene Bodenstellen angewiesen. Außerdem bevorzugt es kalkhaltige, sonnige Standorte und durchlässige Böden. Als typische Steppenpflanze ist es ausgesprochen trockenheitsresistent, sehr empfindlich gegenüber Staunässe und benötigt nur wenige Nährstoffe. Diese Bedingungen findet es z.B. auf basenreichen Sandböden der Binnendünen, wo es in Sandtrockenrasen oder lichten Sandkiefernwäldern wächst.
Das Verbreitungsareal des Grünblütigen Leimkrauts erstreckt sich von Mittel- über Osteuropa bis zum Kaukasus und nach Südsibirien. Vorposten der kontinentalen Steppenpflanze existieren im Baltikum, in Rumänien und Bulgarien. In Deutschland kommt es nur in Berlin und Brandenburg vor, und auch dort äußerst selten. Da es hier seit 1950 mehr als vierfünftel seiner Vorkommen verloren hat, gilt es als stark gefährdet.
Die vornehmlichen Gründe dafür liegen im Verlust seiner Habitate durch Aufforstungen, sukzessives Zuwachsen der offenen Sandflächen sowie einer fortlaufenden Nährstoffanreicherung der Standorte durch Stickstoffoxide aus der Luft. Weitere Gefährdungen bestehen in Habitatveränderungen durch Freizeitaktivitäten, Trampelpfade, Bestände expansiver Pflanzenarten oder dem Abbau von Sand.
Maßnahmen zum Erhalt der Art bestehen im Schutz und Offenhalten der sandigen Flächen, z. B. durch das Auflichten von Bewuchs, das Zurückdrängen konkurrenzstarker Arten, die Einzäunung der Flächen oder die Umleitung von Wegen. Auch die Schaffung offener Rohbodenstellen kommt der Art zugute. Sollten Sie auf Ihren sommerlichen Spaziergängen durch sandige Kiefernforste eine solche Pflanze finden, freuen wir uns sehr über eine Meldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!