Pflanze des Monats Mai 2019
Aschersons Bastard-Knabenkraut Dactylorhiza x aschersoniana
Orchideen findet man nicht nur im Blumenhandel oder in Asien, sondern auch in Berlins freier Natur. Unsere Hauptstadt wartet mit einigen bemerkenswerten Orchideenarten auf, die mitunter prächtige Blütenstände ausbilden, wie das Aschersons Bastard-Knabenkraut.
Der Thüringer Botaniker Carl Haussknecht hat dieses Knabenkraut als erster beschrieben und mit der Namensvergabe dem Berliner Botaniker Paul Ascherson eine Ehre erwiesen. Ascherson hat im 19. Jahrhundert erstmalig die Flora der gesamten Provinz Brandenburg beschrieben. Bis dato existierten nur Florenbeschreibungen kleinerer Teilgebiete, die er zusammengeführt und mit den Ergebnissen seiner Feldbeobachtungen ergänzt hat. Er war außerdem Mitbegründer des Botanischen Vereins für die Provinz Brandenburg und die angrenzenden Länder. Der Verein (heutiger Name: Botanischer Verein von Berlin und Brandenburg, gegr. 1859 e. V.) ist nach wie vor eine bedeutende Institution der Botaniker*innen in Berlin und Brandenburg. Seit seiner Gründung erarbeiten die Vereinsmitglieder wichtige Datengrundlagen für den Naturschutz.
Aschersons Bastard-Knabenkraut ist eine Art-Hybride der Elternarten Dactylorhiza incarnata und Dactylorhiza majalis und weist Erkennungsmerkmale beider Elternarten in unterschiedlichen Kombinationen und Abstufungen auf. Im Gelände finden sich meist gemischte Vorkommen aller drei Sippen in sogenannten Hybridschwärmen, die eine artgenaue Bestimmung selbst für Kenner*innen der Berliner Flora schwierig gestalten.
Deutschland gehört zum Hauptareal der Arthybride, die im gesamten Überlappungsbereich der Elternarten vorkommen kann. Potenziell existieren Vorkommen in Frankreich, England, Zentraleuropa, Norditalien, am östlichen Balkan sowie in Weißrussland.
Die 0,15 bis 0,70 m großen Orchideen tragen zwischen Mai und Juni eine stattliche purpurrote Blüte. Aschersons Bastard-Knabenkraut mag Sonne, Nässe, Kalk und torfige sowie tonig-schluffige Böden, die es in stickstoffarmen Feucht- und Nasswiesen sowie Mooren und Kleinseggenrasen findet. Für das auf Feuchtgebiete angewiesene Aschersons Bastard-Knabenkraut besteht eine der größten Gefährdungen in Störungen des Wasserhaushalts. Hitzesommer wie der im letzten Jahr lassen vielerorts die Wasserpegel sinken. Aber der Großteil extensiv genutzter Feuchtwiesen wurde bereits im letzten Jahrhundert trockengelegt, um die entwässerten Flächen zu bebauen oder landwirtschaftlich zu nutzen. Die extensive Wiesennutzung durch seltene Mahd und geringe Beweidung gilt heute als unwirtschaftlich. Wenn sie ausbleibt, geraten Wiesenpflanzenarten wie Aschersons Bastard-Knabenkraut allerdings in Bedrängnis, da die Flächen brachfallen und zunehmend verbuschen. Schon wenn die Mahd seltener als zweimal pro Jahr ausgeführt wird, kann die Orchidee durch dominante Großseggenbestände verdrängt werden. Insgesamt sind die deutschen Bestände des Aschersons Bastard-Knabenkrauts in den letzten 100 Jahren um ungefähr zwei Drittel zurückgegangen.
Um die bedrohte Art in Berlin sichern zu können, stehen deshalb an erster Stelle Maßnahmen zur Stabilisierung des Wasserhaushaltes, der Erhalt und die Wiederherstellung extensiv genutzter Feuchtwiesen. Letztere z. B. durch Wiedervernässung und eine zeitlich abgestimmte, zweischürige Mahd.
Wie die meisten Feuchtwiesenarten ist auch Aschersons Bastard-Knabenkraut sehr trittempfindlich, weshalb Feuchtwiesen grundsätzlich nicht begangen werden sollen. Damit man bei frühsommerlichen Ausflügen in eines der Feuchtgebiete Berlins die Wege nicht verlassen muss, empfehlen wir die Mitnahme von Ferngläsern. Sollte ein Knabenkraut vor Ihrer Linse auftauchen, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail – am besten mit Fotobeleg. Vielen Dank!