Awareness für alle: „Nutzen wir doch das, was wir schon haben!“

Ein Gespräch zu den ersten Zero-Waste-Aktionswochen - 21. Oktober bis 24. November 2024

Am Montag sind die Ersten Zero-Waste-Aktionswochen in Berlin gestartet. Mehrere hundert Initiativen und Organisationen beteiligen und vernetzen sich für diese Idee. Dahinter steckt die Zero-Waste-Agentur, die so ein langfristiges Bewusstsein für Abfallvermeidung und Recycling im Alltag schaffen will. Kann das funktionieren? Ein Gespräch mit der Leiterin der Zero-Waste-Agentur, Meike Al-Habash.

Was bedeutet eigentlich – in deinen Worten - Zero Waste?

Buchstäblich: null Verschwendung. Es geht dabei um Ressourcenschonung, die uns alle angehen soll, muss und wird, denn es gibt planetarische Grenzen, die wir schützen bzw. wieder aufbauen müssen. Das ist mittlerweile auch kein einfaches Erkenntnis-Problem mehr; vielmehr sind wir bereits bei der Frage nach dem Wie. Wie wollen und können wir vor diesem Hintergrund künftig leben? Das können wir fragen, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben.

Mit Zero Waste und zirkulären Kreisläufen können wir positive Wege einschlagen. Indem wir Abfall vermeiden und Materialien so lange wie möglich wiederverwenden. Es gibt aber noch nicht überall die Strukturen, um Kreisläufe zu schließen, und dahinter steht auch ein großer, wirtschaftlicher Aspekt. Ziel ist, so wenig Abfall wie möglich überhaupt erst entstehen zu lassen. Und wir können alle daran arbeiten – in der Politik, in der Verwaltung, in der Wirtschaft, in der Gesellschaft.

 

„Es gibt keinen  Abfall, nur Ressourcen.“ – Diesen Slogan verwendet ihr auf eurer Website. Wie können wir die Ressource Müll für uns nutzen?

Abfall ist das „neue Gold“. Mittlerweile gibt es durch Versuche und Erforschung nur noch einen geringen Prozentsatz allen Mülls, der noch nicht auf irgendeine Weise wiederaufbereitet werden kann. Das meiste können wir tatsächlich wiederverwenden: durch Recycling, Upcycling, zirkuläres Design, neue Verwendungszwecke für bereits vorhandene Materialien. Wir dürfen uns vor neuen Ideen nicht verschließen und uns klarmachen: Es gibt einen Weg! Überlegt euch, was ihr anschafft und ob diese Anschaffung nicht auch ohne einen Neukauf erledigt werden kann. Brauche ich das jetzt wirklich? Gibt es eine andere Möglichkeit, bereits Vorhandenes neu zu verwenden? Kann ich das gebraucht kaufen? Kann ich mir das nicht auch ausleihen?

 

Wo habt ihr als Zero-Waste-Agentur die Notwendigkeit gesehen, in Berlin die Ersten Zero-Waste-Aktionswochen ins Leben zu rufen?

Leute wie du und ich konsumieren jeden Tag. Es gibt viele Tipps, wie ich mein Leben dahingehend gestalten kann. Aber wo bekomme ich die richtigen Infos und  für meinen Alltag anwendbare Ideen?  Ich höre manchmal den Einwand: „Zero Waste muss man sich leisten können.“ Dabei kann eine Veränderung Richtung Ressourcenschonung und Abfallvermeidung sogar Geld sparen.

Unser Ziel ist nicht, dass am Ende wenige Menschen zu 100 Prozent nach dem Zero Waste-Prinzip leben, sondern: Wie schafft man es, das Verhalten vieler Menschen langfristig zu verändern und wie können wir mit Zero Waste die große Masse erreichen? Im letzten November haben wir bei unserer Multi-Stakeholder-Konferenz festgestellt: Es gibt bereits viele, nachhaltige Angebote in den Bereichen unseres alltäglichen Lebens. Sie werden aber nicht im Zusammenhang gesehen und gedacht, was aber ein sinnvoller Schritt wäre. Und was man daraus mitnehmen kann, soll sich nicht nur in einem kleinen Kreis einer bestimmten Bubble bewegen, sondern sich über die ganze Stadt verbreiten.

Alle tollen Angebote für Zero Waste sollen für Berliner*innen positiv erlebbar werden. Wir als Zero-Waste-Agentur stellen uns der Herausforderung, haben mit vielen Akteur*innen gesprochen und ziehen die Ersten Zero-Waste-Aktionswochen über eine Spannbreite von kleinen Initiativen bis zu großen Playern auf.
Wir wollen, das Leute Lust haben, mitzumachen, und dass sie idealerweise nicht nur einen Impuls umsetzen, sondern mit dem Angebot zeigen, was alles in den Alltag integriert und umgesetzt werden kann. Es geht darum, durch Angebote für alle Awareness zu schaffen.

Der Tag beginnt, ich habe Bock auf null Verschwendung. Was kann ich bei den ersten Zero-Waste-Aktionswochen erleben?

Aus den – Stand heute – 236 Angeboten kannst du jeden Tag etwas anderes auswählen: Es gibt reine Online-Formate, Formate vor Ort und hybrid, dir bieten sich Führungen, Ausstellungen, Vorträge, Repair Cafés, Vorlesungen, und, und, und! Informiere dich über Lebensmittelverschwendung, besuche eines der vielen Tauschregale, sei allein oder mit anderen unterwegs und finde die besten Zero Waste-Hacks!
In jedem Kiez gibt es Angebote – man muss nicht durch halb Berlin fahren, um mitmachen zu können. Dir bieten sich so viele Möglichkeiten, dich mit jeder Thematik intensiver zu beschäftigen, und wir freuen uns über jede*n, der/die dabei ist! Wir wollen so viel Wissen wie möglich nutzen und mehr davon kultivieren. Dabei können wir uns austauschen und viel voneinander lernen, weil wir in unterschiedlichen Bereichen viel Erfahrung haben. Ich bin schon total aufgeregt – in sehr positivem Sinn!

Was passiert in den „Wochen nach den Wochen“?

Ziel ist es natürlich, diese Aktionswochen im nächsten Jahr zu wiederholen. Berlin will zirkulär werden – dann sollten wir das beibehalten. Denn das ist ein Rahmen, den Berlin absolut braucht. Wenn wir unsere Komfortzonen verlassen müssen, haben wir oft Schwierigkeiten. Das ist aber notwendig, wenn wir diesen Schatz heben wollen. Wir versuchen etwas, das es schon gibt, zu nutzen, um verschiedene Strukturen zusammenzusetzen. Wen braucht es, dass es funktioniert? Ende November werden wir alles evaluieren und schauen, wie wir dieses Format weiterentwickeln können. Schaffen wir es, diesen Rahmen zu geben? Den Schirm so weit aufzuspannen? Das ist mein Wunsch, das ist das, was ich spannend finde, mit all den Informationen und Impulsen, die diese Stadt täglich bietet.

Können Initiativen und Organisationen, die jetzt erst auf die Aktionswochen aufmerksam werden, später noch einsteigen?

Wir haben vor dem Start so viele Mitwirkende wie möglich akquiriert, um mit möglichst vielen Angeboten starten zu können. Aber man kann noch jederzeit einsteigen und mitmachen! Interessierte können ihre Aktion direkt unter diesem Link eintragen: https://www.zerowaste-aktionswochen.de/de/dabeisein_2024

Welchen easy Zero Waste-Tipp hast du für dich übernommen?

Das geht raus an alle: Nutzt Mehrwegverpackungen und habt immer einen Einkaufsbeutel in der Tasche! Viele Läden bieten jetzt ja auch Stoff- statt Plastikbeutel an. Aber wenn du deinen eigenen Beutel immer zuhause vergisst und wieder einen neuen Stoffbeutel kaufen musst, hast du davon irgendwann viel zu viele. Wenn ich einen eigenen Beutel beim Einkaufen vergessen habe, ist für mich die Konsequenz: Heute kaufe ich nur so viel, wie ich ohne Tasche tragen kann. Es gibt so viele Taschen, wir brauchen keine neuen mehr herzustellen. Nutzen wir doch das, was wir schon haben!

 

Interview: Christina Koormann

Mehr Informationen zu den Zero-Waste-Aktionswochen gibt es hier.