Ranger retten Raritäten

Pflegeeinsatz für seltene Pflanzenarten in der Lieper Bucht

Sie tragen fantasievolle Namen wie Ohrlöffel-Leimkraut oder Steppen-Lieschgras und zählen in Berlin zu den bedrohten Pflanzenarten. An der Lieper Bucht im Grunewald hat gestern ein Pflegeeinsatz stattgefunden, um diesen wichtigen Standort für Wildpflanzen zu sichern. Unsere Stadtnatur-Ranger*innen und das Florenschutz-Team haben gemeinsam mit Mitarbeitenden der Berliner Forsten und Freiwilligen des Botanischen Vereins von Berlin und Brandenburg zu Spaten, Sense und Freischneidern gegriffen – mit einer großen Portion guter Laune im Gepäck. Daran konnte auch der zwischenzeitlich heftige Regen und Wind nichts ändern. Und am Ende zeigte sich sogar die Sonne! Hier gibt es ein paar Impressionen vom Einsatz.

Berlin ist nicht nur für seine kulturellen Schätze bekannt, sondern auch für seine vielfältige Flora. Mit rund 1.500 Wildpflanzenarten ist die Stadt ein echtes Naturparadies – doch mehr als 700 davon stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Eines der Herzstücke dieser Artenvielfalt ist die Lieper Bucht. Hier wachsen Magerrasen, eine der artenreichsten Graslandschaften, die vielen seltenen Pflanzen ein Zuhause bieten. Um diesen besonderen Lebensraum zu erhalten, brachten die Stadtnatur-Ranger*innen im Frühjahr 2024 bei einer großen Pflanzaktion seltene Arten wie Kartäuser-Nelke und das seltene Ohrlöffel-Leimkraut am Havelufer in die Erde. 

Doch der Einsatz hört nicht bei der Pflanzung auf. Am 10. Oktober 2024 war es wieder soweit: Der nächste Pflegeeinsatz stand an. Die Mission? Den Haupthang von der wuchernden Konkurrenz in Form von Rosen und anderen Gehölzen zu befreien. Denn die seltenen Pflanzen brauchen offene und nährstoffarme Standorte mit viel Licht. Bedingungen, die ohne Pflege schnell verloren gehen.

Der Einsatz war kein Spaziergang, sondern ein richtiges Workout. Doch die Mühe lohnt sich. Mit den offenen Flächen, die durch die Arbeit entstanden sind, haben seltene Pflanzen nun wieder Platz und Licht zum Wachsen. So bleiben die empfindlichen Ökosysteme stabil, wie Justus Meißner, der Leiter unserer Koordinierungsstelle Florenschutz, weiß: „Ohne diese Pflegemaßnahmen würden bedrohte Arten wie das Ohrlöffel-Leimkraut langsam verschwinden. Sie sind auf genau diese speziellen Lebensräume angewiesen. Und der Erhalt dieser Pflanzen ist entscheidend, um die biologische Vielfalt in Berlin zu bewahren.“

Bleibt noch die Frage:  Was passiert eigentlich mit den schönen entfernten Rosen? Diese werden nicht etwa entsorgt, sondern finden eine neue Heimat – und zwar mitten in Berlin. „Wir bringen die Rosen in Kreuzberg auf naturnahe Flächen, wo sie einen Beitrag zur urbanen Biodiversität leisten“, erklären die Stadtnatur-Rangerinnen Ina Wollstadt und Astrid Kinateder. Dieses nachhaltige Vorgehen zeigt, dass Naturschutz auch kreative Lösungen bereithält. So schlagen die Ranger*innen zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie schaffen Raum für bedrohte Pflanzen und nutzen das entfernte Gehölz an anderer Stelle sinnvoll.

Artenvielfalt weltweit in Gefahr

Nicht nur die Berliner Artenvielfalt ist in Gefahr. Weltweit ist ein massives Artensterben zu verzeichnen. Mit ihrer Arbeit setzt die Stiftung Naturschutz Berlin die verpflichtenden Ziele der UN Biodiversitäts-Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt um. Sie fördert aktiv den Erhalt und die Wiederherstellung von Lebensräume. 

Seit 2009 sorgt die Koordinierungsstelle Florenschutz beispielsweise dafür, dass der Bestand der Pflanzen überwacht, Schutzmaßnahmen entwickelt und gefährdete Arten in die Wildnis zurückgebracht werden. Dabei helfen Partner wie der Botanische Garten Berlin und der Arbeitskreis Urbanität & Vielfalt, um Kulturpflanzen heranzuziehen und bedrohte Pflanzen zu vermehren.

Dank des Engagements der Stadtnatur-Ranger*innen und der vielen Freiwilligen bleibt die Lieper Bucht ein sicherer Hafen für Berlins bedrohte Pflanzenarten. Also, beim nächsten Spaziergang durch den Grunewald oder Kreuzberg – halten Sie Ausschau! Vielleicht entdecken Sie ja eine dieser seltenen Schönheiten, die durch den Pflegeeinsatz gesichert wurden.

Autorin: Sophie Bengelsdorf