Gefährdete Schönheit im Portrait
Die Launen der Natur
Die Natur ist mitunter launisch und erschafft Lebewesen, die sich von ihren Artgenossen unterscheiden. Im Mittelalter glaubte man, diese Ausnahme-Geschöpfe seien durch göttliche Gestaltung entstanden. Mit dem Einzug der modernen Wissenschaft wichen die Vorstellungen über solche „Lusus naturae“. Aber auch wenn es eine wissenschaftliche Erklärung gibt – ein Zauber liegt trotzdem über diesen seltenen Erscheinungen der Natur.
Ein sehr seltenes Phänomen ist unseren Stadtnatur-Ranger*innen erst neulich in Charlottenburg-Wilmersdorf buchstäblich über den Weg gehüpft. Eine Heuschrecke ließ sich, so könnte man glauben, vom Modetrend der Stunde inspirieren, extravagant und feministisch in – quietschpink. Artenkenner wissen es besser, es handelt sich hierbei um Erythrismus, eine genetische Mutation, die auch bei Rochen und Leoparden beobachtet wurde.
Lebensräume
Die Kreuzotter besiedelt ein breites Spektrum an offenen Lebensräume, wobei sie feuchte Lebensräume bevorzugt. Typische Lebensräume sind u.a. Hoch- und Niedermoore, Randbereiche von Erlenbrüchen und anderen Feuchtgebieten. Weitere Lebensräume sind Zwergstrauch- und Kiefernheiden, Laub- und Nadelholzschonungen, feuchte Waldlichtungen und Feuchtwiesenränder. In montanen Lebensräumen besiedelt sie die Krummholzzone, wobei sie in den bayrischen Alpen bis in einer Höhe von 2100 m vorkommt.
Lebensweise
Wie alle Reptilienarten ist die Kreuzotter wechselwarm, d.h. sie gewinnt ihre Körperwärme durch die Umgebungstemperatur. Indem sie sich der Besonnung aussetzen oder entziehen, regeln sie ihre Körpertemperatur. Während der kalten Monate überwintert sie in frostfreien Erdlöchern unter Wurzelstubben oder in Kleinsäugerbauten. Je nach Witterung verlassen ab Ende Februar die Männchen als erstes ihre Winterquartiere, während die Weibchen und subadulten Tiere 1-3 Wochen später aktiv werden. Mit Beginn der kühlen Jahreszeit und dem Auftreten der ersten Nachfröste ziehen sich die Kreuzottern wieder in ihre Überwinterungsquartiere zurück.
Kreuzottern sind lebendgebärend - während z.B. Ringelnattern ihrer Eier in geeignetem Substrat ablegen und sich die Jungschlangen dort entwickeln, behalten die Kreuzotterweibchen die Eier im Körper und brüten sie dort aus. Nach einer Tragzeit von durchschnittlich 3 Monaten gebären Weibchen meist im August 5-20 Jungtiere, die von Geburt an selbstständig sind (Abb.5).
Die Kreuzotter ist carnivor - adulte Tiere fressen überwiegend Kleinsäuger, aber auch Braunfrösche, Eidechsen und Blindschleichen. Die Nahrung der Jungottern besteht in den ersten 1,5 Jahren überwiegend aus jungen Echsenarten und Braunfröschen
Die Kreuzotter ist giftig - im Oberkiefer besitzt sie bis zu 5mm lange Giftzähne. Das Gift wird zum Beuteerwerb und zur Verteidigung verwendet. Beim Menschen verursacht ein Biss meist starke Schmerzen und deutliche Schwellungen weit über die Bissstelle hinaus, die aber in der Regel nach wenigen Tagen abklingen. Nach einem Bissunfall sollte aber immer ein Arzt/ Ärztin aufgesucht werden.
Rückgangsursachen und Gefährdung
Die Kreuzotter wird in allen Bundesländern als „stark gefährdet“, oder „vom Aussterben bedroht“ gelistet. In Berlin und Brandenburg wird sie als „vom Aussterben bedroht“ bewertet.
Die Kreuzotter erlitt in der Vergangenheit großflächige Lebensraumverluste durch Verkehrswegebau, Errichtung von Gewerbeflächen und Wohnsiedlungen, Umwandlung von Lebensräumen in landwirtschaftlichen Acker- und Wiesenflächen sowie Aufforstungen von Waldlichtungen und -rändern. Weiterhin gab es im 19. und 20. Jahrhundert auch sehr große Bestandseinbußen durch die vielerorts gezahlten Fangprämien für das Abliefern getöteter Kreuzottern. So erlegt der Berliner Schlangenfänger Mattern am Ende des 19. Jahrhunderts in drei Jahren 1400 Kreuzottern. In der Berliner Morgenpost wird 1925 der Entomologe Heinz Ragnow zitiert, der 4000 Exemplare in Berlin und dem Umland gefangen hatte. Zahlreiche Individuen wurden auch für wissenschaftliche Untersuchungen gefangen. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts war die Kreuzotter in Berlin und dem Umland sehr selten geworden und galt nach dem Krieg als verschollen.
Die Kreuzotter hat viele Fressfeinde, sowohl unter den Säugetieren als auch unter den Vögeln. Bedeutendster Prädator ist das Wildschwein, das durch seine Wühltätigkeit einerseits in dichter Vegetation versteckte Kreuzottern findet, als auch durch das Freilegen von Wurzelstubben auf der Suche nach Käferlarven Kreuzottern während der Überwinterung findet. Aber auch Marderartige und Füchse fressen Kreuzottern. Seit der starken Zunahme von Waschbären sind auch diese, insbesondere in Feuchtgebieten zu einer Bedrohung geworden. Unter den Vögeln, die gelegentlich Kreuzottern fressen, sind vor allem Rabenvögel, Mäusebussard und Fasanen zu nennen.
Im Zuge des Klimawandels kommt es zu einer weiteren, negativen Entwicklung der Lebensräume. Der Rückgang der Niederschläge und das Absinken der Grundwasserstände führt zum Austrocknen der Feuchtgebiete, was sich nicht nur negativ auf die Habitatqualität auswirkt, sondern durch die daraus resultierende Sukzession zum Zuwachsen und mittel- bis langfristig zum vollständigen Verlust von Habitaten führt.
Wichtigste Voraussetzung für den Erhalt der Art ist die Wiederherstellung ehemaliger Lebensräume. Ebenso der Erhalt oder die Anlage von Laichgewässern für Amphibien damit eine gute Nahrungsgrundlage für Jungottern gewährleitet wird.
Autor: N. Otte