Pflanze des Monats Mai 2020
Niederliegender Ehrenpreis Veronica prostrata
Veronika, der Lenz ist da! Mit Sicherheit ist der Name dieser Pflanze nicht zufällig gewählt. Denn die Gattung Veronica, die hierzulande den Namen Ehrenpreis trägt, ist bekannt für ihre hübschen, meist blauen Frühjahrsblüher. Ein besonders schöner Frühlingsgruß ist der Niederliegende Ehrenpreis, den man in Berlin mitunter in selten gemähten Rasenflächen finden kann.
Trotz einer Wuchshöhe von nur 8 – 20 cm, macht die kleine Staude ihrem Namen alle Ehre. Sie besitzt über den Boden kriechende Triebe, deren Stängel sich erst mit dem pyramidenförmigen Blütenstand emporrecken. Hellblau bis blasslila leuchten dann die Blütentrauben, die sich zwischen April und Mai öffnen.
Der Niederliegende Ehrenpreis wird gerne im Steingarten gepflanzt, da er hübsche Polster bildet und bei Bienen hoch im Kurs steht. Auch sein ursprünglicher Lebensraum besteht aus warmen, sonnigen Standorten mit geringem Wasser- und Nährstoffangebot. Dabei bevorzugt er durchlässige und kalkreiche, basische Sand- oder Kalksteinböden. Er besiedelt Trocken- und Halbtrockenrasen aber auch entsprechende Wegränder und magere, extensive Rasenflächen von Sportplätzen, Parks oder Gärten.
Das Verbreitungsareal des Niederliegenden Ehrenpreises besteht aus mehreren Teilgebieten. In Westeuropa reichen die kleinen Teilgebiete von Italien bis nach Deutschland. Richtung Osteuropa reicht ein zusammenhängendes Gebiet von Ungarn und Rumänien bis ans Schwarze Meer und dann weiter über den südlichen Ural bis an den südlichen Rand Westsibiriens. Die nordwestliche Arealgrenze verläuft in Deutschland durch Brandenburg und Sachsen-Anhalt, sodass die Art bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Berlin vorkommt. Ihre Schwerpunkte liegen in Trockengebieten wie dem Thüringer Becken und dem östlichen Harzvorland.
Der Niederliegende Ehrenpreis hat seit 1950 im gesamten deutschen Verbreitungsgebiet und insbesondere an dessen Rändern Vorkommen eingebüßt. Seit 1980 setzen sich die Verluste auch in den Schwerpunktvorkommen fort, so dass die Art insgesamt über die Hälfte zurückgegangen ist. In der Roten Liste Deutschlands wird sie deshalb als gefährdet eingestuft.
Die Gründe für die Verluste liegen zum einen im Wegfall der Lebensräume, z. B. durch Bebauung, Aufforstung oder Nutzungsaufgabe. Zum anderen verändern sich die Standorte aufgrund von Nährstoffeinträgen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung und durch Stickoxide aus verschmutzter Luft. Dadurch werden die Böden immer nährstoffreicher und nährstoffliebende Arten profitieren. In Folge wachsen die einst offenen Standorte zu, sie verbuschen und verschatten. Konkurrenzstarke Laubgehölze wie die Spätblühende Traubenkirsche oder die Robinie siedeln sich an und beschleunigen die Standortveränderungen ihrerseits. Die Lebensräume des Niederliegenden Ehrenpreises werden durch die Ablagerung von Gartenabfällen und Müll, eine zu häufige Mahd sowie die Nutzung von Wiesen als Hundeauslauf oder Spiel- und Liegewiesen beeinträchtigt.
Um das Verschwinden des Niederliegenden Ehrenpreises zu verhindern, müssen seine Lebensräume erhalten werden. Ist eine Bebauung unumgänglich, sollten die Pflanzen vor den Baumaßnahmen unbedingt in nahe gelegene Grünflächen umgesiedelt werden. Damit solche Schutzmaßnahmen aber überhaupt eingeleitet werden, müssen die Vorkommen im Rahmen bauvorbereitender Untersuchungen auch identifiziert werden. Immer weniger Menschen besitzen jedoch die dafür notwendigen feldbotanischen Fertigkeiten, denn durch mangelnde Bildungsangebote an Hochschulen fehlt der Nachwuchs an Feldbotaniker*innen. Eine Entwicklung, die vielen Naturschützern Kopfzerbrechen bereitet. Bei einem Mangel an gut ausgebildeten Gutachter*innen werden gefährdete Pflanzenarten im Gelände unter Umständen gar nicht erst erkannt und gesetzliche Vorgaben zum Schutz gefährdeter Pflanzenarten würden somit wirkungslos. Ein oder zwei Mal im Jahr bieten wir in unserer Naturschutzakademie Seminare zur botanischen Artenkenntnis an.
Der Niederliegende Ehrenpreis profitiert darüber hinaus von sämtlichen Maßnahmen, die seine Rasen offen und nährstoffarm halten. Dazu bedarf es einer ein- bis zweimaligen Mahd pro Jahr, bei der das Mahdgut abgeräumt wird oder einer extensiven Beweidung mit Schafen. Gegebenenfalls müssen aufkommende Gehölze entfernt oder zurückgedrängt werden. Werden die Flächen zu oft betreten, sollten die Besucher*innen auf weniger empfindliche Bereiche umgelenkt werden.
Wenn Sie auf Ihren Spaziergängen den Niederliegenden Ehrenpreis finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!
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