Pflanze des Monats Mai 2025
Hartmans Segge Carex hartmanii
Nicht jede „neue“ Art ist tatsächlich neu entdeckt – manchmal wird erst spät erkannt, dass sich hinter einer bekannten Pflanze eine weitere eigenständige Art verbirgt. So erging es der Hartmans Segge: Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts unterteilte C. J. Hartman die Artengruppe der Buxbaum-Segge in drei gut unterscheidbare Sippen. Aber erst 1935 bewertete der finnischen Botaniker Aimo Aarno Cajander zwei dieser Sippen als eigene Arten, die Buxbaum-Segge (Carex buxbaumii) und die Hartmans Segge (Carex hartmanii). Dann dauerte es noch einige Jahrzehnte, bis die früher als Buxbaum-Segge kartierten Bestände oder historische Herbarbelege überprüft wurden. In Berlin wurden erst Ende der 1960er Jahre Berliner Herbarbelege aus dem 19. Jahrhundert und aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, die als Buxbaum-Segge (Carex buxbaumii) gesammelt und herbarisiert wurden, überprüft. Es stellte sich heraus, dass es sich bei diesen Belegen um die Hartmans Segge handelte. Für viele historische Fundangaben in Mitteleuropa, für die es keine Herbarbelege gibt, lässt sich jedoch nicht eindeutig sagen, um welche Art es sich genau handelt.

Letzte Refugien am Rande der Stadt
In Berlin ist die Art mehrfach historisch belegt: Um 1900 wurden noch Nachweise in Heiligensee, den Rudower Wiesen und der Dammheide in Köpenick durch Pflanzenbelege dokumentiert - diese Vorkommen existieren heute weitestgehend nicht mehr. Nach 1990 konnten lediglich drei Vorkommen bestätigt werden, und zwar in der Wuhlheide (Köpenick), im Eiskeller (Spandau) und am Wasserwerk Johannisthal, einem Teil der ehemaligen Rudower Wiesen. Die Art ist sowohl in Berlin als auch in Brandenburg vom Aussterben bedroht und äußerst selten.
Arealgrenze verläuft durch Deutschland
Die Hartmans Segge hat ihr Hauptverbreitungsgebiet in subkontinentalen Gebieten Mittel- und Nordeuropas und erstreckt sich im Norden und Osten über das Baltikum und Nordrussland bis nach Sibirien. Im Süden reicht ihre Verbreitung von den Alpen bis zum nördlichen Balkan und zu den Karpaten.
Carex hartmannii ist hierzulande nur punktuell anzutreffen, mit Schwerpunktvorkommen in Berlin-Brandenburg, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern. In Deutschland verläuft die nordwestliche Arealgrenze der Hartmans Segge etwa von der Prignitz (Nordwest-Brandenburg) über den Westen Sachsen-Anhalts, den Thüringer Wald und die Rhön bis zum Taunus in Hessen; nördlich und nordwestlich dieser Grenze fehlt die Art weitgehend.
Die mit den drei Narben – Hartmans Segge im Detail
Die Hartmans Segge ist eine ausdauernde Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 70 cm erreicht. Ihre schlanken, grau- bis dunkelgrünen Blätter sind an den unteren Blattscheiden netzfaserig und rötlich bis dunkelbraun gefärbt. Die Pflanze blüht von Mai bis Juni, weibliche und männliche Blüten sehen verschieden aus. Das endständige Ährchen trägt meist an der Basis männliche und an der Spitze weibliche Blüten. Die weiblichen Ährchen stehen seitlich – dabei ist die unterste Ähre meist am längsten. Das unterste Tragblatt ist etwa so lang wie oder kürzer als der gesamte Ährenstand.
Weitere wichtige Merkmale, um die Art zu erkennen: Sie besitzt drei Narben (statt zwei) und hat eiförmige grünliche, später braungrünliche, stark nervige Schläuche – das sind umgebildete, feste Hüllen der weiblichen Blüte, welche die Nuss umschließen.
Spezialistin wechselfeuchter Standorte
Die Hartmans Segge bevorzugt wechselfeuchte bis staunasse Standorte. Sie bildet lockerrasige Bestände in nährstoffarmen Feuchtwiesen und in Mooren. In Berlin kommt die Art außerdem in grundwasserbeeinflussten, lichten Kiefern-Eichen-Wäldern vor. Viele ihrer typischen Lebensräume sind heute durch Entwässerung, Grundwasserabsenkung, Nutzungsaufgabe oder intensive Nutzung stark verändert oder zerstört.
Zum Schutz der Hartmans Segge ist der Erhalt nährstoffarmer, wechselfeuchter Wiesen entscheidend. Diese müssen extensiv genutzt werden – idealerweise mit einer späten Mahd und Abtransport des Mahdgutes, um einer Nährstoffanreicherung entgegenzuwirken (Aushagerung). Auch die erneute Nutzung von Wiesenbrachen kann der Art eine Hilfe sein. Durch die Entnahme von Gehölzen und konkurrenzstarken Arten könnten die Brachen den für die Art lebensnotendigen, offenen Charakter zurückgewinnen. Auch lichte Wälder wie der Fingerkraut-Eichenwald in der Wuhlheide, wo die Art noch relativ häufig vorkommt, benötigen Pflege, um der Nährstoffanreicherung und zu dichtem Gehölzbewuchs entgegenzuwirken.
Von diesen Artenschutzmaßnahmen profitiert nicht nur Hartmans Segge – zahlreiche gefährdete Arten wie das Weiße Fingerkraut (Potentilla alba), die Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) und die Färber-Scharte (Serratula tinctoria subsp. tinctoria) finden dann wieder einen geeigneten Lebensraum.
Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen in Berlin eine solche Pflanze finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung über das Artenfinderportal mit Fotobeleg. Vielen Dank!
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