Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats Dezember 2022

Gewöhnlicher Tannenwedel Hippuris vulgaris L.

Passend zur kalten Jahreszeit lösen neben dem beliebten Christbaum auch einige Pflanzen außerhalb von Wohnzimmern und Weihnachtsmärkten weihnachtliche Stimmung aus. Zu diesen Pflanzen gehört der Gewöhnliche Tannenwedel. Seine nadelartigen Blätter, die in Quirlen am Pflanzenstängel sitzen, erinnern an einen Miniatur-Tannenbaum. 

Wenngleich der Gewöhnliche Tannenwedel seinen unscheinbaren Baumschmuck, also seine winzigen Blüten und Früchte, schon im Sommer in den Blattachseln trägt, ist er auch im Winter durch seine kräftige dunkelgrüne Farbe noch gut zu erkennen. Denn die Pflanze ist wintergrün und bietet in Gewässern seltene Farbtupfer zwischen kahlen Sträuchern und Bäumen an den Ufern und dem grauen Himmel.

Kosmopolit auf der Nordhalbkugel

Wenn auch nicht gleichermaßen bekannt wie der Tannenbaum, ist der Gewöhnliche Tannenwedel doch in der gemäßigten Zone auf der Nordhalbkugel rund um den Globus heimisch. Wie ein breites Band erstreckt sich das Verbreitungsgebiet von Europa, über Sibirien bis nach Nordamerika. Auf der Südhalbkugel ist die Art an der Südspitze von Südamerika anzutreffen.

Das geschlossene europäische Verbreitungsgebiet vom Tannenwedel grenzt in Südeuropa an die Pyrenäen und reicht bis in den Norden von Norwegen. Nach Osten reicht es über Norditalien, Ungarn und die Ukraine bis zum Ural. Deutschlandweit kommt der Tannenwedel zerstreut vor, vor allem entlang der großen Flussläufe und ihrer Nebenflüsse. In einigen Regionen Deutschlands ist die Art dagegen selten. Hinsichtlich der Gefährdung steht die Art deutschlandweit auf der Vorwarnliste.

Land- und Wasserwandler

Die Wasserpflanze aus der Familie der Wegerichgewächse ist sehr anpassungsfähig und kann in ihrer Erscheinung stark variieren. Der Gewöhnliche Tannenwedel kann nämlich sowohl über als auch unter Wasser überleben. Seine untergetauchten Blätter sind ganz weich und dünn und können bis zu 2 Meter lange Sprosse bilden. Im Gegensatz dazu sind bei den Trieben oberhalb der Wasseroberfläche und bei der Landform seine Blätter spitz abstehend und die Stängel erreichen nur selten Wuchshöhen von 50 cm. Nur oberhalb der Wasseroberfläche werden kleine Blüten in den Blattachseln gebildet, die durch den Wind bestäubt werden.

Bei der Verbreitung seiner Samen ist der Gewöhnliche Tannenwedel auf hungrige Wasservögel angewiesen, die die kleinen Nüsschen vom Wasserboden aufnehmen, verdauen und an anderer Stelle wieder ausscheiden. Aber auch abgetrennte Sprossteile können wieder anwachsen und so für die Verbreitung der Art sorgen.

Ruhige und saubere Gewässer bevorzugt

Wenn in den Wintermonaten das Wasser friert, kann durch die hohlen Pflanzenstängel weiterhin ein Gasaustausch mit den untergetauchten Pflanzenteilen stattfinden. Der Tannenwedel kommt somit besonders gut mit den wechselnassen Bedingungen an Uferbereichen und in seichten Wasserzonen über das ganze Jahr zurecht, kann aber auch in bis zu sieben Meter Tiefe wurzeln.

Man findet die Art an und in stehenden oder nur sehr langsam fließenden Gewässern, wie Teichen und Gräben. Durch im Schlamm kriechende Rhizome werden seine Bestände rasch größer und können so regelrechte „Tannenwäldchen“ bilden. Am besten gedeiht der Gewöhnliche Tannenwedel in sauberem und kalkhaltigem Wasser und benötigt mittlere bis nährstoffreiche Bedingungen.

Gartenflucht nicht unproblematisch

Auch in Gärten findet man den Gewöhnlichen Tannenwedel gelegentlich in künstlich angelegten Teichen. Diese kultivierten Exemplare sind jedoch für seine Wildvorkommen nicht ganz unproblematisch.

So können diese Pflanzen durch unkontrollierte Auspflanzungen oder illegales Ablagern von Gartenabfällen in die freie Landschaft gelangen. Eine Verwilderung der Gartenpflanzen kann aber auch durch Verschleppung der Samen durch Vögel erfolgen, zum Teil mit drastischen Folgen für die Wildbestände des Gewöhnlichen Tannenwedels. Heutige Berliner Vorkommen der Art sind vermutlich alle auf Verwilderungen aus Kultur zurückzuführen. Zuletzt wurde die heimische Wildform 1989 an der Unteren Havel gesichtet. Daher wird der Gewöhnliche Tannenwedel in der Berliner Roten Liste als ausgestorben eingestuft. 

Heute wissen wir, dass Einkreuzungen zwischen heimischen und gebietsfremden Herkünften, die nicht an den Standort angepasst sind, das Überleben der ursprünglichen Vorkommen gefährden können. Spezielle Anpassungen an zum Teil sehr unterschiedliche regionale klimatische Bedingungen oder an andere Standortbedingungen, die über lange Zeit entstanden sind, drohen auf diese Weise unwiederbringlich verloren zu gehen. 

Zahlreiche Gefährdungsursachen

Der Rückgang vom Gewöhnlichen Tannenwedel ist aber vorwiegend auf andere Ursachen zurückzuführen. Vor allem die Verschmutzung von Gewässern oder übermäßige Nährstoffeinträge trüben seine Überlebenschancen drastisch. Hinzu kommen Veränderungen an der Gewässerstruktur, insbesondere im Siedlungsbereich massiver Uferverbau oder gar der Verlust ganzer Gewässer. Um das Überleben vom Gewöhnlichen Tannenwedel und von weiteren gefährdeten Wasserpflanzen zu sichern, können sogenannte Ruhezonen an Uferbereichen eingerichtet werden. Dadurch können Störungen der natürlichen Gewässervegetation vermieden werden.

Helfen Sie mit, den Gewöhnlichen Tannenwedel in Berlin zu entdecken. Wenn Sie die Art an einem Gewässerufer finden, können Sie uns den Fund melden – am besten mit Fotobeleg und gerne per E-Mail. Vielen Dank!

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