Stacheliger Gartenbewohner in Not
Ein Rascheln im Laub, ein kräftiges Schnaufen, ein Stapfen durchs Gras: Der Igel ist unterwegs! Sobald es dunkel wird, beginnt sein Auftritt und manchmal kann man ihn dabei hören. Doch vielerorts ist es eher still um ihn geworden und der einst vertraute Gartenbewohner im Stachelpelz ist nur noch selten anzutreffen.
2024 wurde der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) von der Weltnaturschutzunion (IUCN) erstmals auf die Internationale Rote Liste gesetzt – als „potenziell gefährdet“. In Berlin ist die Situation in Igel-Auffangstationen dieses Jahr besonders schlimm: sie sind überfüllt, überlastet, am Limit. Doch warum geht es dem Igel so schlecht?
Die größte Bedrohung für Igel ist der Mensch
Unsere Gärten und Landschaften haben sich verändert. Auf dem Land dominieren Monokulturen und strukturreiche Lebensräume verschwinden immer mehr. Und in unseren Gärten? Wo früher Laubhaufen lagen, glänzt heute Kies. Wo Insekten krabbelten, rollen Mähroboter. Und wo dichte Hecken wuchsen, ziehen inzwischen blickdichte Zäune unnatürliche Grenzen. Was wir als „gepflegt“ empfinden, ist für Igel eine lebensfeindliche Wüste – kein Schlafplatz, kein Versteck, keine Nahrung, kein Winterquartier.
Hinzu kommt: Immer mehr Straßen zerschneiden die Lebensräume der Tiere. Viele Igel werden überfahren, weil sie sich bei Gefahr instinktiv einrollen, statt zu fliehen.
Aber es gibt auch gute Nachrichten – in unseren Gärten können wir alle etwas tun, damit sich Igel dort wohlfühlen:
- Go wild!
Gestalte wilde Ecken aus Brennnesseln, heimischen Stauden, Heckenpflanzen und lege Laub- und Reisighaufen an. So finden Igel Unterschlupf am Tag, sichere Orte für ihren Nachwuchs und ein warmes Quartier für den Winterschlaf. - Pestizide vermeiden
Jedes Insekt zählt! Indem du auf Schneckenkorn, Rattengift und chemische Dünger verzichtest, förderst du automatisch die Insektenvielfalt – und damit das Igel-Buffet. Besonders im Herbst brauchen sie ausreichend Futter, um sich ein Fettpolster für den Winter anzulegen. Igel unter 500 Gramm überleben die kalte Jahreszeit meist nicht. - Verzichte auf Mähroboter
Auffangstationen sind voll mit schwer verletzten Igeln, die von Mährobotern erfasst wurden. Wenn du nicht darauf verzichten kannst, dann nutze das Gerät nur tagsüber und nie in der Dämmerung oder Dunkelheit. - Wasser marsch!
Eine flache Schale mit täglich frischem Wasser kann in trockenen Sommern Igel-Leben retten. Aber bitte keine Milch! Sie verursacht schwere Verdauungsprobleme. - Schächte und Teiche sichern
Bringe an Schächten, Teichen und Pools Ausstiegshilfen aus Brettern oder Steinen an. So können sich Igel und andere Tiere selbst befreien, wenn sie hineinfallen. - Durchgänge schaffen und Igelreviere vergrößern
Ein kleines Loch im Gartenzaun, etwa 13 x 13 cm und ohne scharfe Kanten, ist für Igel ein Tor zur Welt. Auch in Mauern können Igeltunnel errichtet und sichere Durchgänge geschaffen werden. So muss der Igel nicht auf Straßen ausweichen, sondern kann sicher zwischen Gärten wandern, Nahrung finden und sich fortpflanzen. Tipp: Beziehe deine Nachbar*innen mit ein und kreiert gemeinsam einen Igel-Korridor! Eine Anleitung zum Bau eines Igeltors und viele weitere Informationen findest du hier:
Deutsche Wildtierstiftung - Aktion Igelgarten – Deutschland hilft dem Braunbrustigel (https://www.deutschewildtierstiftung.de/naturschutz/igel-bahn-frei-fur-stacheltrager) - Igelhaus anbieten
Biete Igeln im Winter zusätzlich ein wettergeschütztes Igelhaus in deinem Garten an. Eine Bauanleitung vom NABU findest du hier: NABU – Igelhaus selbst bauen (https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/mission-gruen/17295.html)
Wann ein Igel in Not ist
Nicht jeder Igel, den du siehst, braucht sofort deine Hilfe. Diese Anzeichen deuten auf ein hilfsbedürftiges Tier hin:
- Der Igel ist tagsüber aktiv (ohne vorherige Störung)
- Er wirkt apathisch oder taumelt
- Er ist abgemagert mit sichtbarer „Hungerfalte“ im Nacken
- Er hat kahle Stellen, Parasiten oder offene Wunden
- Es ist ein Jungtier mit geschlossenen Augen oder sehr hellem Stachelkleid, das sich alleine außerhalb des Nests befindet
In diesen Fällen gilt: Nicht zögern! Kontaktiere eine Igelpflegestelle oder eine Tierarztpraxis. Anlaufstellen und Hilfe findest du in Berlin z.B. hier:
Arbeitskreis Igelschutz Berlin e.V.:
https://www.igelschutzberlin.com/
NABU-Ortsgruppen (deutschlandweit):
https://www.nabu.de/wir-ueber-uns/organisation/kontakte/gruppen.html
Tierrechtsbündnis Berlin-Vegan:
https://www.berlin-vegan.de/service/tierische-notfaelle/#Wildtier%20gefunden
Viele nützliche Informationen rund um Igel findest du auch auf der Website von pro Igel e.V.:
https://www.pro-igel.de
Was du sonst tun kannst
Da viele Auffangstationen überfüllt sind, freuen sich Helferinnen und Helfer über Unterstützung – du kannst dich zum Beispiel als ehrenamtliche*r Pfleger*in melden oder Geld spenden. Helfen kannst du auch, indem du auf die Not der Igel aufmerksam machst und Menschen in deinem Umfeld aufklärst.
Jeder Laubhaufen zählt. Jedes Igel-Tor hilft. Und jeder Mähroboter, auf den verzichtet wird, rettet Igel-Leben.
Autorin: N. Wank







