Pssst … Berlin geht schlafen!
Wenn die Tage kürzer werden und das Laub unter den Füßen raschelt, beginnt in der Berliner Stadtnatur eine stille, aber faszinierende Zeit. Während wir Menschen uns mit Tee und Decke auf die Couch zurückziehen, laufen in der Tierwelt die Vorbereitungen für den Winter auf Hochtouren. Einige Arten verschwinden ganz aus dem Stadtbild, andere bleiben aktiv – und viele haben ihre ganz eigene Strategie, um Kälte und Nahrungsknappheit zu überstehen.
Winterschlaf, Winterruhe oder Winterstarre – was ist der Unterschied?
Nicht alle Tiere „schlafen“ im Winter auf die gleiche Weise.
Winterschlaf bedeutet: Der Stoffwechsel fährt stark herunter, die Körpertemperatur sinkt deutlich, und das Tier wacht nur selten auf.
Winterruhe ist weniger tief – die Tiere schlafen viel, wachen aber regelmäßig auf, um zu fressen oder sich zu bewegen.
Winterstarre schließlich ist typisch für wechselwarme Tiere wie Frösche oder Insekten: Sie erstarren vollständig, bis die Temperaturen wieder steigen.
Diese Überlebensstrategien sind fein abgestimmte Anpassungen an die Berliner Witterung – und machen aus unseren Stadtbewohnern wahre Überlebenskünstler.
Igel - stachelig und schläfrig
Der Igel ist wohl der bekannteste Winterschläfer Berlins. Schon ab Oktober sucht er sich ein sicheres, trockenes Plätzchen – unter Laubhaufen, in Hecken oder Holzstapeln. Dort rollt er sich zusammen und fällt in einen tiefen Schlaf, bei dem sein Herzschlag von rund 200 auf nur noch 10 Schläge pro Minute sinkt.
So können wir helfen: Laubhaufen im Garten liegen lassen, denn sie sind perfekte Winterquartiere. Keine Laubbläser verwenden, denn sie zerstören Lebensräume. Falls ein Igel im November noch sehr klein wirkt (unter 500 g), kann man sich an eine Igelstation oder Wildtierhilfe wenden.
Fledermäuse – stille Gäste in Dachböden und Kellern
Berlins Fledermäuse verschwinden im Winter nicht – sie ziehen sich zurück. Geschützt in kühlen, feuchten, aber frostfreien Verstecken wie Kellern, Dachstühlen, alten Bunkern oder Baumhöhlen verbringen sie ihren Winterschlaf. Herzschlag und Atmung sind dabei auf ein Minimum reduziert, der Energieverbrauch sinkt drastisch. Störungsfreie Winterquartiere sind dabei unverzichtbar. Da Insekten – ihre einzige Nahrungsquelle – im Winter rar sind, ist vorzeitiges Erwachen lebensgefährlich. Um diesen Nahrungsmangel zu überstehen, legen sie im Herbst 20-30% ihres Körpergewichts zu und halten etwa fünf Monate Winterschlaf.
So können wir helfen: Wer alte Keller oder Dachböden saniert, sollte prüfen, ob sich dort Fledermäuse aufhalten – der Schutz ihrer Quartiere ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern entscheidend für den Erhalt der Berliner Fledermäuse. Wenn Sie von einem Winterquartier wissen, stören Sie die Tiere bitte nicht – wie Sie nun wissen, kann ein vorzeitiges Erwachen für sie lebensgefährlich sein.
Im Garten oder am Haus kann man Fledermauskästen anbringen, die im Sommer als Unterschlupf, Paarungsstätte oder Wochenstube dienen. Für den Winterschlaf hingegen suchen sich Fledermäuse meist andere, geeignete Quartiere und legen dafür teils mehrere Hundert Kilometer zurück.
Eichhörnchen – geschäftige Vorratssammler
Eichhörnchen halten keinen Winterschlaf, sondern eine Winterruhe. Sie schlafen viel, wachen aber regelmäßig auf, um von ihren Vorräten zu fressen. Schon im Spätsommer legen sie Nüsse, Zapfen und Samen in unzähligen kleinen Verstecken an.
So können wir helfen: Heimische Sträucher und Bäume pflanzen (z. B. Hasel, Buche, Eiche), damit Eichhörnchen genug Futter finden. Wenn gefüttert wird, dann keine gesalzenen oder gerösteten Nüsse anbieten, sondern nur Haselnüsse oder Walnüsse in der Schale.
Frösche, Kröten & Molche – der lange Atem der Amphibien
Wenn die Temperaturen fallen, ziehen sich Frösche, Kröten und Molche zurück. Einige auf den Grund der Gewässer, andere graben sich an Land in den Boden ein oder nutzen Versteckstrukturen, wie Kleintierbauten, Totholz- oder Steinhaufen. Teilweise überwintern die Tiere auch in Kellern oder Schächten. Sie verfallen in eine Winterstarre, können jedoch in wärmeren Phasen „erwachen“ und wechseln dann bisweilen auch ihren Standort.
So können wir helfen: Achtsam sein und an Schächten, Kellerfenstern etc., aus denen Amphibien ggf. nicht mehr selbstständig herauskommen, Ausstiegshilfen anbringen. In Gärten, Höfen und Parkanlagen Totholz- und Steinhaufen belassen oder gezielt anlegen. Den Gartenteich nicht komplett zufrieren lassen – ein kleiner Luftspalt oder ein Bündel Schilfhalme sorgt für Gasaustausch.
Vögel – zwischen Zug und Wintergast
Während viele Vögel uns noch vor dem Berliner Winter verlassen – etwa Mauersegler oder Schwalben – bleiben andere, oder kommen sogar erst jetzt zu uns: Rotkehlchen, Meisen, Amseln und Spatzen suchen nach Futter, während nordische Arten wie Wacholderdrosseln als Wintergäste in der Stadt auftauchen.
So können wir helfen: Vogelfutterstellen bereitstellen (Sonnenblumenkerne, Haferflocken, Fettfutter – keine Brotkrümel). Wasserstellen auch im Winter aufstellen. Wildhecken pflanzen: Zum Beispiel die Hunds-Rose mit ihren Hagebutten, der Gewöhnliche Schneeball oder die Gewöhnliche Eberesche liefern reichlich Früchte und Schutz. Wenn neu gepflanzt wird, bitte am besten immer gebietsheimische Pflanzen nutzen.
Kleine Taten, große Wirkung
Die Berliner Stadtnatur ist ein lebendiges Netzwerk – selbst in der kalten Jahreszeit. Wer Laub liegen lässt, Nistkästen aufhängt und kleine Ecken verwildern lässt, trägt aktiv dazu bei, dass Tiere gut überwintern können.
Und das Beste: Diese kleinen Maßnahmen machen nicht nur Tieren das Leben leichter, sondern bringen auch uns ein Stück Natur in den Alltag. So können wir uns auf den Frühling freuen, wenn der erste Igel raschelt und Meise, Drossel und Star wieder zum Konzert laden.





