Pflanze des Monats Juli 2021
Sumpf-Greiskraut Senecio paludosus
Wer einmal einem der stattlicheren Exemplare des Sumpf-Greiskrautes gegenüberstand, der wird die Begegnung nicht so schnell vergessen. An geeigneten Standorten kann die Art nämlich eine Höhe von über zwei Metern erreichen. Nicht weniger beeindruckend ist seine Fähigkeit, schwankende Wasserstände zu tolerieren. So kann man das Sumpf-Greiskraut sowohl trockenen Fußes als auch gänzlich überflutet vorfinden. Selbst mehrere Monate Überstauung toleriert die mehrjährige Hochstaude mit dem hohlen Stängel. Eine luftgefüllte Wurzelrinde hilft ihr dabei, den Sauerstoffmangel im gefluteten Sumpfboden auszugleichen. Sogar kleine Exemplare sind mit 80 cm Höhe noch recht stattlich.
Die Art hat schmale, länglich-lanzettliche, gesägte Blätter und gilt als formenreich. So sind ihre Blütenköpfe am Grund entweder kahl oder auch zerstreut spinnwebig behaart. Ein Umstand, dem sie wohl einen Teil ihres Namens zu verdanken hat, da die grauen Haare an einen Greis erinnern. Zwischen Juli und August werben ihre gelben Blütenköpfe um den Besuch von Bienen, Hummeln und anderen Bestäubern. Samen und Keimlinge der Art sind schwimmfähig und werden mit dem Strom an geeignete Standorte geschwemmt. Das zeigt sich auch im Verbreitungsmuster der sogenannten Stromtalpflanze, welches sich an den großen Flusstälern orientiert. So ist sie vorwiegend entlang großer Ströme und Flüsse zu finden und scheint kaum andere Standorte zu besiedeln. Als Lebensräume kommen lichte Auen- und Bruchwälder, verlandete Flussufer, Röhrichte, Gräben und nasse Wiesen mit einer guten Versorgung an Kalk und Nährstoffen in Frage.
Die Arealgrenze der schwach subozeanischen Art verläuft im Westen von Mittelfrankreich über Deutschland, nordwärts entlang der Ostseeküste bis zu den baltischen Staaten, über den europäischen Teil Russlands bis zum Ural und erreicht im Süden das Balkangebirge bis Mazedonien und in Mitteleuropa den Alpenraum. Darüber hinaus gibt es Vorposten in Südengland und Schweden, in Ostspanien und Norditalien, der Türkei sowie vereinzelt östlich des Urals. In Deutschland ist das Sumpf-Greiskraut vor allem entlang der Stromtäler von Rhein, Elbe und der Donau zu finden und folgt beinahe linienartig unserem Gewässernetz. In einigen Regionen wie Hessen, Sachsen und Rheinland-Pfalz fehlt die Art meist ganz oder ist nur sehr selten. Vor allem die Vorkommen entlang der Elbe und Saale in Norddeutschland sind seit den 1950er Jahren stark zurückgegangen, sodass das Sumpf-Greiskraut mittlerweile deutschlandweit als gefährdet eingestuft wird.
Die Ursachen für den Rückgang der Art liegen vornehmlich in der Begradigung von Fließgewässern und der Entwässerung flussnaher Feuchtgebiete. Vor allem in Berlin wurden Uferbereiche vielfach verbaut und verloren somit die natürliche Überschwemmungsdynamik. Der hohe Grundwasserbedarf Berlins verstärkt die Wassernot der verbliebenen wechselfeuchten Lebensräume.
Da das Sumpf-Greiskraut nur unregelmäßig Samen ausbildet, sind viele der verbliebenen Populationen überaltert und stehen durch ihre Isoliertheit kaum noch in genetischem Austausch miteinander. Daher kann auch die gezielte Anzucht von Samenmaterial aus dem Umfeld mit Wiederausbringung der Pflanzen eine Möglichkeit darstellen, um bestehende Populationen zu stärken und ihren Fortbestand zu sichern.
Weitere Maßnahmen zur Förderung des in Berlin vom Aussterben bedrohten Sumpf-Greiskrautes bestehen im Erhalt von Feuchtgebieten, in der Renaturierung von Ufern und einer schonenden Nutzung angrenzender Feuchtwiesen. Von solchen Maßnahmen würden dann auch weitere selten gewordene Stromtalarten wie Sumpf-Brenndolde und Sumpf-Wolfsmilch profitieren.
Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen durch Berliner Feuchtgebiete eine solche Pflanze finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!
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