Zwischen Bienenwachs und Völkerverständigung
Wie Nachhaltigkeit Kulturen verbindet
Naturschutz verbindet. Das durfte unser Redakteur David Rojas beim Bienenwachstuch-Workshop im interkulturellen Garten in Lichtenberg erleben. Wie Nachhaltigkeit Menschen zusammenbringt und neue Ideen für eine bessere Zukunft entstehen lässt, beschreibt David in seinem persönlichen Erlebnisbericht.
Es ist ein warmer Spätsommernachmittag im interkulturellen Garten von Lichtenberg. Die Kinder rennen zwischen den Pflanzen umher, einige arbeiten in ihren Parzellen, die Küche ist voll und der Holzofen brennt kräftig. Nach und nach versammeln sich Familien aus verschiedenen Teilen der Welt um einen großen Tisch mit einer langen und bunten Tischdecke inmitten des Gartens. Eine Gruppe iranischer Frauen verteilt Aush, eine typische Suppe aus dem Iran, und neugierig nähern wir uns alle, um neue Geschmäcker und Gerüche zu entdecken. Während ich auf meinen Platz warte, steigt der Duft einer hausgemachten Suppe in meine Nase, der mich an mein Zuhause und die Familienfeiern in Kolumbien, meinem Herkunftsland, erinnert. Sasha, aus der Ukraine, bietet mir Vareniki an. Mein Gaumen erkennt sie als köstliche ukrainische "Empanadas" mit Kartoffeln und Pilzen. "Gefüllte Teigtaschen: Vielleicht ist das etwas, das uns als Menschheit vereint", sage ich zu Sasha.
Der Anlass dieses interkulturellen Treffens ist die Feier der Nachhaltigkeitswoche in Berlin, ein Raum, in dem verschiedene Akteur*innen und soziale Initiativen nachhaltige Praktiken und den interkulturellen Wissensaustausch fördern. Es gibt alle Arten von Veranstaltungen: von Müllsammelaktionen, Flohmärkten bis hin zu Bastelworkshops mit recycelbaren Materialien, bei denen alles Mögliche hergestellt wird: Buchumschläge aus Plastiktüten, natürliche Seifen und vieles mehr.
„Nature welcomes Zero Waste“
Heute präsentiert die Organisation Compagno e.V. einen Workshop über Bienenwachstücher, wiederverwendbare Stoffverpackungen, die mit Bienenwachs imprägniert werden, um Lebensmittel zu konservieren. Dieser Workshop ist Teil des Projekts „Nature welcomes Zero Waste“, das aus Mitteln des Förderfonds der Abfallbertaung Zero Waste finanziert wird und darauf abzielt, das Thema Mülltrennung und Recycling bei ukrainischen Migranten*innen in Berlin positiv zu besetzen. Um dies zu erreichen, werden Ausflüge in die Natur organisiert, bei denen Aufräumaktionen und Abfallwirtschaft integriert werden. Durch die Verbindung von Naturerfahrung mit dem Konzept der Abfallvermeidung und Ressourcenschonung sollen die Teilnehmer*innen motiviert werden, aktiv zur Förderung eines nachhaltigen Lebensstils in ihrer Gemeinschaft beizutragen.
"Für uns bei Compango ist es entscheidend, die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz ganzheitlich zu betrachten und dabei immer den sozialen Kontext der Menschen im Blick zu haben. Man kann das eine nicht vom anderen trennen", erklärt mir Rudi Piwko, der Leiter von Compango e.V.
Loslegen!
"Die Herstellung der Bienenwachstücher ist relativ einfach und jeder kann sie zu Hause machen", sagt Volodimir, der Workshopleiter, während wir die benötigten Materialien und Utensilien auf dem Arbeitstisch vorbereiten: Stoffreste (idealerweise aus Baumwolle), Bienenwachs, Backpapier, ein Grill und Scheren.
Volodimir zeigt uns, wie es geht: Zuerst wird der Stoffrest auf die gewünschte Größe und Form für die Verpackung zugeschnitten. Dann werden einige Perlen Bienenwachs bei niedriger Temperatur auf der Grillplatte mit Backpapier geschmolzen. Der Stoffrest wird auf die Grillplatte gelegt und mit weiteren Wachsperlen darüber imprägniert. Eine weitere Schicht Backpapier wird aufgetragen und mit dem oberen Grill erhitzt. Wenn man keinen Grill hat, kann dieser Prozess auch mit einem Blech und einem Bügeleisen durchgeführt werden. Schließlich wird das Bienenwachstuch von der Grillplatte entfernt und an der Luft getrocknet.
Verwendung der Bienenwachstücher
Die Teilnehmenden des Workshops sind begeistert und wollen jetzt alle ihr eigenes Bienenwachstuch herstellen. Sogar einige Kinder wagen es, kreative Designs in Form von Sternen oder Herzen zu gestalten und sie mit Zeichnungen zu dekorieren. "Wie kann ich dieses Bienenwachstuch verwenden?", fragt Nadiia. "Man kann fast alle Arten von Lebensmitteln damit aufbewahren: Obst, Nüsse, Käse, Sandwiches, Gebäck oder Snacks und sogar Behälter abdecken. Nur mit der Wärme deiner Hände kannst du es in die gewünschte Form bringen und mit einem Gummiband oder einer Schnur befestigen. So bleibt das Essen frisch und man vermeidet die Verwendung von Einwegplastik", erklärt Volodimir.
Er gibt uns auch weitere wichtige Tipps bei der Verwendung: da das Wachs schmelzen kann, sollten damit keine warmen Lebensmittel eingewickelt werden und nur mit kaltem Wasser und einer milden Seife abgewaschen werden, um zu vermeiden, dass das Wachs abblättert. Wenn das Wachs abgenutzt ist, kann das Tuch erneut mit Wachs imprägniert werden, um es weiterhin zu verwenden.
Nachdem ich mein eigenes Bienenwachstuch hergestellt und einige Anekdoten über unsere Erfahrungen als Migranten in Berlin ausgetauscht habe, wird mir klar: Vielleicht gibt es mehr als nur gefüllte Teigtaschen, die uns als Menschheit vereinen: Es ist auch unser Einfallsreichtum und unsere Kreativität, Lösungen zu finden. So war der Arbeitstisch von Compango e.V. am Ende nicht nur ein Workshop über Bienenwachstücher, sondern auch ein interkultureller Raum, in dem alle Arten von Wissen geteilt wurden: kulinarische Kenntnisse, künstlerische Kreativität und nachhaltige Praktiken zum Schutz der Umwelt.
Autor: David Rojas
David Rojas ist Hospitant beim Team Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Projektes "Vielfalt stiften" der Deutschlandstiftung Integration. In seiner Freizeit ist er gern in der Berliner Stadtnatur unterwegs.