Stadtnatur trifft Gesundheitsförderung

Von Mensch zu Mensch: Peer-to Peer-Ansatz in der Naturbegleitung

Wie kann Natur helfen, Gesundheit gerade in belasteten Stadtteilen zu stärken? Dieser Frage widmete sich ein einjähriges Modellprojekt in Berlin, getragen von der Stiftung Naturschutz Berlin (SNB) und Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V. (GesBB). Ziel war es, Umweltbildung und sozialraumorientierte Gesundheitsförderung gezielt zu verknüpfen – ein bisher selten gegangener Weg, der großes Potenzial birgt. In ausgewählten Stadtteilen (Neu-Hohenschönhausen, Nahariyastraße, Germaniagarten) wurde erprobt, wie Naturangebote vulnerable Gruppen erreichen können. Die Programme „die naturbegleiter*“ und „Gesund in Berlin – Stadtteile im Blick (GiB)“ wurden dafür modellhaft zusammengeführt. Ein besonderer Fokus lag auf ehrenamtlichem Engagement: Menschen aus dem direkten Umfeld sozialer Einrichtungen wurden als „Naturbegleiter*innen Light“ empowert und langfristig eingebunden – ein Ansatz mit gleich mehrfacher Wirkung.

Mehr als nur Spaziergänge: Stadtnatur als Ressource für Gesundheit

Das Konzept der naturbegleiter* stellt die bewusste Wahrnehmung und vielseitige sowie offene Interaktion mit Stadtnatur in den Mittelpunkt. Besonders die offene Begegnung mit der Natur ermöglicht selbstgemachte Erfahrungen, die nachweislich Gesundheit fördern, Resilienz stärken und die Sensibilität für ökologische Zusammenhänge vertiefen. Dieses Verständnis von Natur als Erfahrungsraum wurde durch die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen um eine wertvolle Facette ergänzt:
Ehrenamtliche können durch Nähe zu den Teilnehmenden und ihre Verankerung in „ihrem Kiez“ auf Augenhöhe Wege in die Natur begehbar machen und so zur Gesundheit beitragen. Im Gegensatz zu professionell geleiteten Veranstaltungen stand dabei nicht Fachlichkeit im Vordergrund, sondern die Beziehung – ein sogenannter Peer-to-Peer-Ansatz.
Gleichzeitig wurden soziale Einrichtungen vor Ort gestärkt, indem sie durch engagierte Ehrenamtliche eine neue Ressource erhielten. Für die Ehrenamtlichen selbst eröffnete das Engagement neue Perspektiven, Selbstwirksamkeitserfahrungen – und nicht zuletzt eigene gesundheitsförderliche Erlebnisse in der Natur.

Natur erleben – Naturschutz stärken
Wenn Menschen Natur hautnah erleben, steigt auch ihre Bereitschaft, diese zu schützen. Studien zeigen, dass direkte Naturerfahrungen – etwa durch Vogelbeobachtung, Naturspaziergänge oder Umweltbildung – das Umweltbewusstsein stärken. Wer einmal selbst erfahren hat, wie heilsam ein Stück Wildnis sein kann, setzt sich eher für deren Erhalt ein. So leistet das Projekt nicht nur einen Beitrag zur Gesundheitsförderung, sondern auch zur langfristigen Verankerung von Naturschutz im Alltag.

Ein Ansatz mit Zukunft
Das Projekt zeigt: Stadtnatur ist weit mehr als ein schöner Rahmen – sie kann ein wirkungsvolles Instrument für Prävention, Teilhabe und Gesundheitsförderung sein. Die Kombination aus Umweltbildung und freiwilligem Engagement wirkt nachhaltig auf Menschen und Strukturen im Quartier. Umso wichtiger wäre es, das Modell auf weitere Berliner Stadtteile auszuweiten – und gezielt in die ökologische Aufwertung von Flächen zu investieren, damit Natur dort nicht nur erreichbar, sondern auch erlebbar wird.
Denn: Eine grüne Stadt ist eine gesunde Stadt. Und jeder Mensch – unabhängig von sozialer Lage oder Wohnort – sollte Zugang dazu haben.

Autor: Nikolai Becker

 

Nikolai Becker koordiniert die  naturbegleiter*– ein Projekt der Umweltgerechtigkeit, das Berlinerinnen, die mit hohen Belastungen ihren Alltag bestreiten, dabei unterstützt, die Natur für sich und ihre Familien wiederzuentdecken. Das Glück, in der Natur zu sein – ob als Feldbiologe, als Kind, als Gärtner oder Träumer – hält er für nicht eintauschbar. Etwa die Stille in der Hobrechtsfelder Natur oder der Gesang der Mönchsgrasmücke, der diese Stille unterbricht.