Der unsichtbare Gorilla im Raum
Veränderung beginnt im Kopf

Let’s face it: Veränderungen sind manchmal anstrengend. Haben Sie sich jemals gefragt, warum es so schwer fällt, alte Gewohnheiten zu ändern oder sich langfristig zu motivieren? Oder warum das Lernen manchmal wie eine Herausforderung erscheint, obwohl unser Gehirn eigentlich darauf programmiert ist, zu lernen? Die Antwort auf diese Fragen liegt in der Neurobiologie, und genau darum ging es im Auftakt der Seminarreihe „Veränderungslernen: individuell, im Team und global“ der Naturschutzakademie Berlin. Am 24. Januar 2025 fiel der Startschuss zu dieser dreiteiligen Reihe, die den Zusammenhang zwischen Neurobiologie, Lernen und Veränderung beleuchtet. Dr. rer. nat. Thomas Schutz gab spannende Einblicke mit vielen „Aha“-Momenten in die grundlegende Funktionsweise unseres Gehirns – und warum das Verständnis dieser Prozesse der Schlüssel zu erfolgreicher Veränderung ist.
Warum ist Veränderung so schwer?
Jeder kennt es: Zum Jahresbeginn nehmen wir uns vor, gesünder zu essen, mehr Sport zu treiben oder nachhaltiger zu leben. Doch nach wenigen Wochen verfällt man oft wieder in alte Muster. Warum? Unser Gehirn ist ein echtes Energiesparwunder! Es bevorzugt den Status quo, weil das einfach weniger Aufwand bedeutet. Erst wenn unser Gehirn erkennt, dass eine Veränderung echten Mehrwert bringt (z. B. mehr Energie, Zeitersparnis oder weniger Stress), beginnt es, neue Gewohnheiten wirklich zu etablieren.
Aber was braucht es, damit wir wirklich lernen? Dr. Schutz erklärte, dass das Limbische System dabei entscheidend ist. Hier sitzen die Amygdala (der Sitz unserer Emotionen) und der Hippocampus (unser Gedächtnismanager). Nur wenn beide optimal zusammenarbeiten, gelingt nachhaltiges Lernen. Dabei gilt: Lernen muss positiv verknüpft sein! Negative Emotionen, wie Stress oder Angst, blockieren unser Gehirn – das erklärt auch, warum viele Menschen Matheblockaden aus der Schulzeit mit sich herumschleppen. Die Lösung? Wiederholung, Freude und praktische Anwendung! Studien zeigen: Wer aktiv mitentscheiden kann, was und wie er lernt, speichert bis zu 90 % der Informationen – im Gegensatz zu nur 20 %, wenn er nur zuhört.
Drei Botenstoffe für die Motivation
Ob wir etwas ändern oder nicht, hängt stark von unseren Botenstoffen ab:
- Dopamin ("Hin zu etwas") motiviert uns, Neues zu entdecken.
- Serotonin ("Weg von etwas") sorgt dafür, dass wir negative Situationen meiden.
- Oxytocin ("Bleibt, wie es ist") hält uns in gewohnten, angenehmen Mustern fest.
In einem Wechselspiel arbeiten diese drei Botenstoffe (und noch viele weitere mehr) zusammen, um uns sicher und für uns angenehm, aber auch energieeffizient durch das Leben zu bringen. Wenn wir verstehen, wie diese Stoffe in unserem Gehirn wirken, können wir unser Verhalten bewusst steuern und Veränderungen langfristig in unseren Alltag integrieren.

Der unsichtbare Gorilla: Warum Multitasking nicht funktioniert
Das Gehirn ist prinzipiell ein sehr sparsames Organ, was den Energiehaushalt betrifft. Daher ist man für gewisse Dinge „blind“, wenn man nicht aufmerksam bei der Sache ist, oder gegenteilig sehr fokussiert auf eine andere bestimme Information ist. Ein faszinierendes Experiment im Seminar zeigte, wie selektiv unsere Wahrnehmung ist: In einem Video passten sich zwei Basketball-Teams den Ball zu, während die Aufgabe darin bestand, die Pässe eines Teams zu zählen. Die Überraschung: Viele bemerkten nicht, dass währenddessen ein Mensch im Gorillakostüm durchs Bild lief! Dieses klassische Experiment zur "Unaufmerksamkeitsblindheit" zeigt, dass unser Gehirn Informationen filtert und sich auf das konzentriert, was es als relevant einstuft. Multitasking? Ein Mythos! Stattdessen wechselt das Gehirn rasant zwischen Aufgaben – auf Kosten der Effizienz.
Die beste Zeit für Lernen, Meetings und Pausen
Unser Gehirn folgt biologischen Rhythmen, die sich für den Alltag nutzen lassen. Meetings oder konzentrierte Arbeit sind zwischen 11:00 und 14:00 Uhr ideal – dann sind Menschen mit verschiedenen Chronotypen (Frühaufsteher bzw. Spätaufsteher und alle dazwischen und außerhalb) am aufnahmefähigsten. Und wer seiner Gedächtnisleistung etwas Gutes tun will, sollte die Mittagszeit für einen kurzen „Powernap“ oder einen Spaziergang nutzen. Beides hilft dem Gehirn, Informationen zu verarbeiten und die Konzentration für den restlichen Tag hochzuhalten.
Was bedeutet das für uns im Naturschutz?
Warum ist all dieses Wissen über das Gehirn und das Lernen für den Naturschutz wichtig? Ganz einfach: Der Erfolg im Naturschutz hängt nicht nur von politischen Entscheidungen oder wissenschaftlichen Entdeckungen ab – sondern vor allem von den Menschen, die aktiv werden. Veränderung beginnt bei uns selbst. Jeder Einzelne muss bereit sein, seine Gewohnheiten zu ändern, sich weiterzubilden und gemeinsam mit anderen für den Erhalt unserer Umwelt zu kämpfen. Denn am Ende müssen wir alle an einem Strang ziehen und unser ökologisches Bewusstsein schärfen und zusammenführen, wenn wir globale Herausforderungen wie die Abwendung des Klimawandels oder mindestens genauso wichtige Themen wie den Erhalt der Biodiversität erfolgreich angehen wollen.
Fazit: Lernen und Veränderung sind keine Zauberei
Das Seminar hat uns eines klar gemacht: Veränderung ist kein Hexenwerk. Sie ist ein natürlicher Prozess, der in uns allen steckt – wenn wir verstehen, wie unser Gehirn funktioniert und was es braucht, um Veränderungen zuzulassen. Wer erfahren möchte, wie Veränderung in Teams funktioniert, sollte sich den zweiten Teil der Seminarreihe am 21. Februar 2025 nicht entgehen lassen. Im dritten Teil am 21. März 2025 geht es schließlich darum, wie wir globale Veränderungen anstoßen können. Hier geht's zur Seminaranmeldung.
Infos zu Dr. rer. nat. Thomas Schutz gibt es hier.

Marc-Michel ist ÖBFDler beim Team Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Naturschutz Berlin. Er ist der schnellste Mann am Grafiktablet und sprüht vor kreativer Energie. In seiner Freizeit programmiert er kleine Anwendungen und Spiele und belegt Onlinekurse zu verschiedensten Themen oder schwingt sich auch schon mal auf’s „Trimm-Dich-Rad“ im lokalen Fitnesscenter. Erste Schreiberfahrung sammelte er auf einem eigenen hobbywissenschaftlichen Blog, den er privat betreibt – sein Herz gehört aber weiterhin der visuellen Gestaltung.