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Die Vielfalt im Blick

Pflanze des Monats März 2020

Wiesen-Schachtelhalm Equisetum pratense Ehrh.

Schachtelhalme gelten als lebende Fossilien, scheinen besonders beständig und sind als hartnäckige Unkräuter bekannt. Deshalb stellt sich die Frage, wie der Wiesen-Schachtelhalm in seinem Fortbestehen bedroht sein kann.

Mit seinen grünen, quirlständigen Ästen ohne Blattwerk trägt er das unverwechselbare Erkennungsmerkmal aller Schachtelhalme (siehe Bild 1 und 5). Dieses grundlegende Design hat sich seit mehr als 350 Mio. Jahren bewährt, wie versteinerte Funde belegen. Geändert hat sich allerdings der Maßstab, denn die damaligen Schachtelhalme waren mehrere Meter groß. Dagegen erscheint der nur 15-50 Zentimeter hohe Wiesen-Schachtelhalm wie ein Winzling.

Vom Rest seiner heutigen Familienmitglieder lässt er sich z.B. durch seine überhängenden Äste und die Anzahl der sogenannten Stängelscheidenzähne unterscheiden. Diese Zähne bilden den Abschluss einer Art Manschette, die die Verbindung der einzelnen, ineinandergesteckten Stängelabschnitte umfasst. Die Konstruktion war angeblich namensstiftend, da die Halmabschnitte wie Schachteln ineinandergesteckt sind. An den Außenseiten der Stängel des Wiesen-Schachtelhalms sind winzige Kristalle von Kieselsäure zu ertasten. Das für diesen Wirkstoff bekannte und beliebte Heilkraut ist jedoch sein Verwandter, der Acker-Schachtelhalm.

Der Wiesen-Schachtelhalm ist mehrjährig, sommergrün und zieht sich im Winter unter die Erde zurück. Zu Beginn der Saison treibt er frühzeitig aus. In dieser Zeit ist er besonders gut zu sichten, da die umgebende Vegetation noch relativ wenig entwickelt ist. Zur Vermehrung nutzt er zwei Möglichkeiten. Wie die ebenfalls sehr alten Farngewächse vermehrt er sich mittels Sporen. Dafür bildet er fertile Sprosse aus, die an ihren Spitzen die Sporenbehälter tragen. Sie sind bleich bis gelblich-bräunlich, erscheinen gleichzeitig mit den sterilen Sprossen und ergrünen nach der Sporenreife zwischen Mai und Juni. Außerdem vermehrt er sich vegetativ über besonders lange und tief im Boden liegende Rhizome. Mit ihnen kann er z.B. im Falle einer zu starker Beschattung seines Wuchsortes sogar kleine Distanzen überwinden und seine Bestände wenige Meter weiter wiederaufbauen.

Der Wiesen-Schachtelhalm mag es gerne feucht bis nass, weshalb seine Vorkommen immer ein Hinweis auf Bodenfeuchte bzw. Bodennässe sind. Er benötigt außerdem Halbschatten und wenig Nährstoffe. Seinem Namen zum Trotz bevorzugt er keine Wiesen, sondern kalkarme, basenreiche Wälder und ihre Ränder, Gebüsche und Grabenränder.

Geeignete Standorte findet er auf der Nordhalbkugel rund um den Globus – sowohl in Europa, als auch in Asien und Amerika. Das geschlossene europäische Verbreitungsgebiet reicht von Sibirien über die Ukraine, den Karpatenbogen, Skandinavien, Polen und Tschechien bis Nordostdeutschland. Vorposten befinden sich verstreut im westlichen Mitteleuropa, auf Island, in Großbritannien, auf dem Balkan, in den Alpen, auf der Krim und im Kaukasus. In Deutschland liegt der Schwerpunkt des Wiesen-Schachtelhalms im Norden und Osten. In den restlichen Gebieten Deutschlands ist er nur vereinzelt anzutreffen, z.B. im Harz, im Fichtelgebirge, im Odenwald, am Alpenrand sowie entlang der Ems und der Elbe. Seit 1950 hat die Art den Großteil ihrer Vorkommen in West-, Süd- und Mitteldeutschland verloren. Seit 1980 ist sie auch in Nord- und Nordostdeutschland stark rückgängig, sodass sich die dortigen Vorkommen halbiert haben. In Berlin ist sie sogar vom Aussterben bedroht.

Die Gründe für den Rückgang des Wiesen-Schachtelhalms liegen vornehmlich im Verlust geeigneter Standorte. So werden viele feuchte (Wald-)Gebiete aufgrund von land- oder forstwirtschaftlicher Nutzung entwässert. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Klimawandel diese Entwicklung durch steigende Temperaturen und sinkende Niederschläge noch verstärkt. Letztlich könnte sich die durch Nordostdeutschland verlaufende Arealgrenze des Wiesen-Schachtelhalms weiter nach Norden verschieben.

Auch Nährstoffeinträge aus verschmutzter Luft sowie Ammoniak und Düngemitteln aus Tierhaltung und Landwirtschaft stellen ein Problem dar. Sie verursachen eine zunehmende Eutrophierung der Böden. Dies fördert die Entwicklung von Wäldern mit einem dichten Kronenschluss, sodass die Krautschicht am Boden stark beschattet wird und Halblichtpflanzen wie der Wiesen-Schachtelhalm den Kürzeren ziehen.

Maßnahmen zur Förderung des Wiesen-Schachtelhalms betreffen in erster Linie den Erhalt der feuchten, nährstoffarmen Standorte und ihre Pflege. Mittels Mahd und Entbuschung kann ein Zuwachsen und die folgende Verschattung vermieden werden.

Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen ein Fossil dieser Art finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!

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