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Wie der Rangerberuf vom Yellowstone nach Berlin kam

Als Henry „Harry“ Yount (1837–1924) vom Leiter des weltweit ersten Nationalparks dazu beauftragt wurde, im Yellowstone-Gebiet Wilderei und Vandalismus zu unterbinden, wurde er zum ersten Ranger im Auftrag des Naturschutzes. Wenn Sie dieses einmalige Gebiet in Wyoming/USA kennen sollten, können Sie sich vorstellen, welch aufregende Aufgabe er dort ab 1880 übernahm. Allerdings konnte seine Tätigkeit angesichts der Größe des Gebiets und seiner Ausrüstung nur scheitern – nach anderthalb Jahren gab er auf und kündigte seine Anstellung.

Diese Zeitspanne hat nun auch das Modellprojekt „Stadtnatur-Ranger“ vor sich, das jedoch gleich von Anfang an auf mehr Personal, eine gute Ausrüstung und Vernetzung setzt. Bis zum Ende des Jahres 2021 werden wir somit zeigen, dass es sich lohnt, Ranger*innen in einer Millionenmetropole einzusetzen. Dieser Blog soll uns dabei helfen, ein Stück dieses Weges gemeinsam mit Ihnen, den Berlinerinnen und Berlinern, zu gehen. Bevor wir aber über die Arbeit und Erlebnisse unserer Rangerinnen und Ranger berichten, gibt es noch zwei Themen, die wir Ihnen näherbringen möchten: den Rangerberuf selbst (und wie er vom Yellowstone nach Berlin kam), sowie die Stadtnatur  den Gegenstand unserer Bemühungen. Hierüber dürfen Sie in der nächsten Woche lesen.

Vom Wildhüter bis hin zum Stadtnatur-Ranger

Die Vieldeutigkeit englischer Wörter ist beeindruckend: Ranger – das bedeutet Wildhüter, Waldläufer, Forstbeamter und auch Jäger. Und alle diese Bezeichnungen treffen auch zu, wenn man sich die Tätigkeit der Menschen anschaut, die weltweit und zumeist in Nationalparks diesen vielseitigen, außergewöhnlichen und mancherorts gefährlichen Beruf ausüben. Wenn Sie sich hierfür interessieren, sei auf die Internetseite der International Ranger Federation verwiesen. Und es geht noch weiter: Wie im Sinne von „to range“ (u.a. reichen, erstrecken) werden, entsprechend der abenteuerlich-romantischen Bilder, die dieses Wort hervorruft, auch Geländewagen, militärische Einheiten oder sogar Sportmannschaften als „Ranger“ bezeichnet.

Die deutsche Sprache nutzt diesen Begriff gerne für Tätigkeiten, die sich „draußen“ abspielen – und sei es nur, den Straßenverkehr zu beobachten. So sind zum Beispiel für einen regionalen Radiosender „Verkehrsranger“ unterwegs. Nur den eigentlichen Beruf bezeichnen wir im Deutschen damit nicht so gerne. Stattdessen verwenden wir lieber das etwas sperrige, aber vielleicht genauere Wort „Schutzgebietsbetreuer“. Und damit ist die Verwirrung wohl zunächst perfekt: Wie kommt Berlin dazu, eine recht klar umrissene und im Deutschen sogar genau zugeordnete Berufsbezeichnung in einem neuen Kontext zu verwenden?

Landschaft bleibt Landschaft – auch in der Stadt

Zunächst eine auf den ersten Blick enttäuschende Tatsache: Hamburg hat bereits Ranger*innen. Und auch für den Regionalverband der Metropole Ruhr sind Ranger*innen im Einsatz. In beiden Metropolen werden diese aber ausschließlich in ausgewiesenen Schutzgebieten eingesetzt. In Berlin ist das anders.

Die deutsche Hauptstadt schaut an den beiden Metropolen vorbei und zwar direkt in die Vereinigten Staaten: Dort hat man den Beruf bereits seit den 1970er-Jahren in einen urbanen Kontext gebracht: Metropolen wie New York City oder Los Angeles wollten einerseits ihre durchaus vorhandenen ökologischen Schätze sichern, zugleich aber auch vor Ort Bildungsarbeit leisten. Zudem war es Ziel, ökologisch auf den ersten Blick nicht so wertvolle, aber für das Wohlbefinden der Bevölkerung wichtige Parks und Freiflächen zu entwickeln. Der Urban Park Ranger wurde geboren.

Dass es auch außerhalb von Schutzgebieten interessante Natur- und Freiräume gibt, die für Städter von Interesse sein können, gilt auch für Berlin. Hier hat sich im Laufe von Jahrzehnten aus einer Müllkippe im ehemaligen Grenzbereich ein kleines Naturparadies entwickelt – der Landschaftspark Marienfelde. Bereits 2007 kam Björn Lindner auf die Idee, in diesem Areal Pflegemaßnahmen durchzuführen. In jahrelanger Aufbauarbeit und in Kooperation mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg sowie der Stiftung Naturschutz Berlin bildete sich so die erste Rangertätigkeit in der deutschen Hauptstadt aus. Ergebnis war die Naturschutzstation Marienfelde, die 2016 mit der Gründung der Naturwacht Berlin e.V. auch organisatorisch einen Rahmen bekam. Mit ihren Angeboten hat sie entscheidend zu den Überlegungen beigetragen, in Berlin Ranger*innen einzusetzen.

Nach einem Abgleich zwischen der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, den Berliner Bezirken und der Stiftung Naturschutz Berlin sind zwei Teilprojekte zur Erprobung des Einsatzes von Ranger*innen entstanden: ein bezirkseigenes in Pankow und eines, das durch die Stiftung Naturschutz Berlin koordiniert wird. Ziel ist sowohl der Einsatz in Schutzgebieten, aber eben auch auf anderen ökologisch wertvollen Flächen.

Berlin startet mit echten Stadtnatur-Ranger*innen und nutzt damit sprachlich wie inhaltlich alle Möglichkeiten dieses Berufes aus. Schließlich bleibt Landschaft auch in der Stadt Landschaft: Wer sie schützen und entwickeln will, muss sie beobachten, dokumentieren, erforschen, pflegen, sie vermitteln und für sie werben. Wer wäre dafür besser geeignet als Ranger*innen?

Lars Büttner