Pflanze des Monats Oktober 2019
Strandroggen Leymus arenarius (L.)
Das Küstenflair des hübsch anmutenden Strandroggens weckt Erinnerungen an Nord- und Ostseeurlaube. Erst der volkstümliche Name „Blauer Helm“ gibt einen Hinweis auf seine große ökologische Bedeutung für die Küstenlandschaft: Er sitzt oben auf den Dünen, befestigt mit seinen Wurzeln den Sand und schützt so das Hinterland.
Der ausdauernde, 60 bis 120 Zentimeter hohe Strandroggen wächst in straffen, blaugrünen Horsten, mit rauen, steifen Blättern, die an extreme Trockenheit angepasst sind und sich bei Hitze einrollen können. Diese Piekser sind ein wirksamer Schutz gegen hungrige Tiere oder fußmüde Strandbesucher*innen, die auf wilden Trampelpfaden den Weg zum Strand abkürzen wollen.
Wie ein bläulicher Helm sitzt der Strandroggen auf lockeren Dünen und Strandwällen, die seine natürlichen Lebensräume sind. Der Sonnenanbeter liebt warme, kalkarme Plätze und meidet alle schweren Böden. Dabei verlangen sowohl die lockeren Weißdünen als auch die Strandwälle dem Strandroggen einiges ab. Es gilt temporäre Überschwemmungen, einen relativ hohen Salzgehalt sowie mechanische Belastungen, wie z.B. Sandanwehungen und -überschüttungen, zu überstehen. Hier helfen ihm seine Vielzahl unterirdischer, meterlanger Ausläufer und die Fähigkeit, besonders schnell in die Höhe wachsen zu können. So gelangt er trotz Übersandung immer wieder an die Oberfläche. Seine Masse an Ausläufern und unterirdischen Wurzeln trägt in erheblichem Maß zur Festigung der Sandkörper junger Dünen bei, sodass der Strandroggen für die dünenbildenden Pflanzengesellschaften von besonderer Bedeutung ist. Aber auch im Binnenland wird er zum Zweck der Sandbefestigung eingesetzt. Einmal vom Menschen angepflanzt, besiedelt der Strandroggen auch Wegränder, Bahndämme, Schuttflächen und Binnendünen.
Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich von den Küsten Europas entlang von Flüssen bis zu etwa 50 Kilometer ins Landesinnere. Es umfasst die nördlichen Küstengebiete Europas von Großbritannien über Belgien, die Niederlande, Deutschland, Skandinavien bis zur Nordwestküste Russlands. Vereinzelt ist die Art auch im Binnenland zu finden, in Deutschland z.B. in Berlin oder entlang der sächsischen Elbe. Seit den 1950er Jahren hat der Strandroggen in Deutschland jedoch über 3/4 seiner Populationen in küstenfernen Regionen eingebüßt. Dieser Rückgang stellt auch für die einheimische Tierwelt einen großen Verlust dar. So fressen beispielsweise die Raupen von 13 Brandenburger Großschmetterlingen am Strandroggen. Die Raupe der in den Küstengebieten lebenden Strandroggen-Stängeleule frisst sogar ausschließlich an dieser Art.
Die vornehmlichen Gründe für den Rückgang liegen im Verlust offener Standorte, etwa durch die fortschreitende Versiegelung in Folge von Baumaßnahmen. Auch die Aufgabe von Nutzung und Pflege kann ein Zuwachsen von Binnendünen oder Rieselfeldern verursachen und der lichtbedürftigen Pflanze das Sonnenlicht nehmen. Erschwerend führen die menschlich verursachten Stickoxide in der Luft zu einer steten Eutrophierung (Erhöhung des Nährstoffgehalts) aller Standorte, wodurch konkurrenzstarke Arten begünstigt werden und Pflanzen wie den Strandroggen verdrängen können.
Maßnahmen zum Erhalt des Strandroggens bestehen darin, die Standorte z.B. durch Pflegemaßnahmen, Mahd, Schafbeweidung oder eine moderate Freizeitnutzung offenzuhalten. Sind Standorte bereits in Teilen zugewachsen, sollten zunächst Entbuschungen oder Gehölzauflichtungen vorgenommen werden.
Wenn Sie auf Ihren Spaziergängen in Berlin eine solche Pflanze finden, freuen wir uns sehr über eine Fundmeldung per E-Mail mit Fotobeleg. Vielen Dank!